Liebe Leser*innen,
Anfang der 90er Jahre war Wolfenstein 3D ein Meilenstein in der Computerspiele- Entwicklung – und bot gleichzeitig die Gelegenheit, mit viel grob gepixeltem Blut Nazis zu killen, bis hin zum Endgegner Hitler (im Mech-Anzug). Angesichts der wiedervereinigten Trostlosigkeit im Weltmeister-Deutschland nicht die schlechteste Idee. In den 2000ern wurde die Handlung mit diversen Neuauflagen und Fortsetzungen ausgeschmückt, erst einmal hieß es Return to Castle Wolfenstein.

...zum Editorial

Bildpolitik

«A bullet away from becoming a hashtag.»

Black Lives Matter – schon vor Trump gegen Trump

Redaktion

Im November 2014, auf einem der Höhepunkte der #Black Lives Matter-Proteste in den USA reisten Teile der arranca!-Redaktion nach Washington D.C. und sahen sich die Dinge mal etwas genauer an. Zur Erinnerung: Neben etlichen anderen Fällen löste der gewaltsame Tod des Schwarzen Teenagers Mike Brown im August 2014 landesweite Proteste und gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstrant*innen und Polizei aus. Als eine Grand Jury sich im November des Jahres dazu entschied kein Verfahren gegen Darren Wilson, den weißen Polizisten der die tödlichen Schüsse auf Brown abgab, zu eröffnen, flammten die landesweiten Proteste erneut auf.

Thema

Der Oktober 89 ist der Mai 68 des Ostens

Die rechte Vereinnahmung einer Erinnerung und die Möglichkeit einer linken Wendung

Zetkin

Die Bürgerrechtsbewegung in der DDR startete links und bog dann rechts ab. Wie konnte sich eine Bewegung für Bürger*innenkomitees, Arbeiter*innenräte und einen demokratischen Sozialismus in eine wandeln, die für die nationale Einheit die Auflösung des Sozialismus akzeptierte? Das linke Erbe der DDR-Bürgerrechtsbewegung kann auch für heutige Kämpfe relevant sein – aber zunächst muss es verstanden werden.

Gegen Trump eine Zukunft aufbauen

George Ciccariello-Maher

Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist ein dramatischer Tempowechsel in unserem kollektiven Unglück. Statt des behäbigen Alptraums eines Clinton‘schen Neoliberalismus, für den Obama eher Kontinuität als Abhilfe brachte, läuft der Alptraum nun in Hochgeschwindigkeit: Jeder Tag bringt durch eine Abfolge brutaler Präsidialerlasse eine neue Hölle, über die wir nachdenken, die wir beklagen und gegen die wir Widerstand leisten.

Augenblicke der Gefahr

Kleine Geschichte der FPÖ und ihrer Gegner*innen

AntiRa AG der Il Graz

Als österreichische Ortsgruppe der Interventionistischen Linken (IL) kommen wir in Zeiten wie diesen, in denen rechtspopulistische bis rechtsextreme Parteien auch im Westen Europas Anspruch auf Regierungsbeteiligung erheben und in vielen Belangen Diskurshoheit besitzen, zu einer zweifelhaften Ehre. In vielen Gesprächen mit deutschen Genoss*innen werden wir angesichts des Aufstiegs der Afd um Erfahrungen und mögliche Perspektiven im Kampf gegen den parteiförmigen Rechtsextremismus gebeten. Die aktuellen Umfragewerte der FPÖ lassen uns daran zweifeln, ob es wirklich­ wir sind, die entscheidende strategische Fragen in diesem Kampf beantworten können, wo auch für uns die Fragezeichen immer größer werden.

Körper, Politik, Vernunft

Betrachtungen aus Vergangenheit und Gegenwart

Johanna Tirnthal

Wenn Donald Trump live on Air von sexueller Übergriffigkeit schwärmt und dann auch noch gewählt wird, wenn die AfD Anträge zur Sterilisierung minderjähriger Geflüchteter stellt und von Polen bis in die USA Abtreibungsrechte eingeschränkt werden sollen, lässt sich dann von einer unrühmlichen Rückkehr des Körperlichen in die Politik sprechen? Darüber haben sich der Affektforscher Rainer Mühlhoff und die Kulturwissenschaftlerin Claudia Bruns Gedanken gemacht. Was können wir aus ihren kulturhistorischen Ausführungen für den Umgang mit dem grassierenden Rechtspopulismus lernen?

Bedingungslose Unordnung

Perspektiven gegen Mittagsruhe und Neoliberalismus

Iniciativa Ne Rasismu

Dass irgendwas schiefgelaufen ist, ist offensichtlich: sonst wären Rechtspopulismus und Nationalismus nicht auf dem Vormarsch. Hier und da wurden dann auch Stimmen laut, die die Verantwortung der Linken zuweisen wollten – sie habe den Bogen überspannt und damit die «weiße Arbeiter*innenklasse» in die Arme der Rechten getrieben…

Antifaschistisches Theater reloaded

Kulturelle Arbeit als zeitgemäßer Antifaschismus

EGfKA

Das Berliner Theaterkollektiv EGfKA (Europäische Gemeinschaft für Kulturelle Angelegenheiten) wird in den kommenden zwei Jahren künstlerisch und politisch im Ruhrpott arbeiten. In diesem Rahmen ruft das Kollektiv auch zu einem zeitgemäßen Antifaschismus im kulturellen Feld auf. Michael Beron (EGfKA/ex-arranca!) sprach mit Sabrina Apitz, Olivia Stutz und Tina Turnheim von der EGfKA.

Streng geheim

Antisemitismus und Neonazismus in der DDR

Harry Waibel

«Spätestens am 3. Oktober 1990 war diese Seifenblase geplatzt. Durch Ostberlin rollten keine Panzer, sondern etwas Schlimmeres: die gepanzerten Limousinen mit den alten Westbonzen und den neuen Ostbonzen, die soeben ihr Land an den Westen verscherbelt hatten. Ich ging nach Hause und heulte vor Wut. Die, die etwas Besseres wollten, waren wieder einmal in der Minderheit.»

Die Neuvermessung der Mind Maps

Komplexität – ein poetisch-philosophischer Einwand

Yves Error

Dieser Artikel will versuchen, sich durch eine kritische Beleuchtung des Gemeinplatzes einer gewachsenen Komplexität an zwei alte Freunde zu erinnern, die es vor Eroberung durch rechtsextremen Sprachgebrauch zu bewahren gilt: die Begriffe «Wahrheit» und «Spaziergang».

Die rechten Staubsauger

Geschichten als zentrales Bindemittel in der Krise

Sebastian Reinfeldt

Rechter Populismus kam als politisches Phänomen auf die Welt, das die Krise der liberalen, repräsentativen Demokratie zugleich anzeigte und verschärfte. Österreich ist seit 1986 die Fertigungsstätte des Prototyps dieser politischen Maschine, die tagtäglich scharfe Entgegensetzungen, innere und äußere Feinderklärungen auf das politische Feld wirft.

Unsere Antwort: Grenzenlos feministisch

Über die Notwendigkeit feministischer Interventionen gegen die Neue Rechte

Tanja Gäbelein

Rassistisches, antifeministisches und sozialchauvinistisches Gedankengut ist auf dem Vormarsch und dabei häufig in Kombination anzutreffen. Bereits 2010 schrieb Thilo Sarrazin in seinem Bestseller Deutschland schafft sich ab von ­einem vermeintlichen «Verfall» Deutschlands aufgrund der wachsenden Unterschicht, gestiegener Einwanderung aus muslimisch geprägten Ländern und einem Geburtenrückgang bei weißen deutschen (cis-)Frauen. Zwar wurden seine Thesen von zahlreichen Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Journalist*innen kritisiert und als unwissenschaftlich zurückgewiesen – doch er erhielt auch viel Zustimmung und konnte sich zum Kämpfer wider die «political correctness» stilisieren.

Reclaim Gramsci

Was der Gramscianismus der Neuen Rechten auslässt

Christian Zopf

Seit den 1980er Jahren führt die Neue Rechte strategische Diskussionen, wie sie sich in der Gesellschaft verankern kann. Dabei ist immer wieder zu hören, dass sich Teile von ihr auch auf linke Theorien und Denker*innen beziehen wie beispielsweise Antonio Gramsci.

Drehkreuz der Neuen Rechten

Aktivitäten von und gegen Rechts in Halle

Clemens Wagner & Felix Peter & Michael Barthel

Im Schatten prominenterer rechter Umtriebe in Sachsen und Thüringen hat sich der Raum Halle zu einem Drehkreuz der neurechten Bewegung entwickelt. Der Beitrag skizziert diese Entwicklung, stellt Gegenaktivitäten vor und gibt einen Ausblick auf künftige Handlungsoptionen im Kampf gegen die Neue Rechte.

Ritual, Alltag, Militanz

Thesen zum Umgang mit dem Gefühl der Resignation

Michael Karrer & Tim Schumacher

Der «Sommer der Migration» scheint lange schon vorbei. Seither harren etliche Menschen unter schrecklichen Bedingungen vor den hochgerüsteten Toren der EU aus. Während die Regierung den Schein der «Weltoffenheit» aufrechterhielt, konnte sich die AfD auf den reaktionären Mob um Pegida stützen, um Gesetzesverschärfungen und Repressalien gegen Geflüchtete durchzusetzen.

Linke Räume in den Bezirken verteidigen

Für einen Antifaschismus in der Fläche Eli Anders

Eli Anders

Nichts an dieser Geschichte ist neu. Allerdings lässt sich am Beispiel der andauernden Fehde der AfD gegen das Zentrum für Demokratie (ZfD) in Berlin-Schöneweide einiges lernen.

Glam Rock Socialism now!

Der falsche Glamour, die falsche Freiheit in der Figur Donald Trumps

The Free Association

Donald Trumps Wahlerfolg ist Teil eines größeren Kollapses des politischen Zentrums. und Hillary Clinton war eine furchtbare Kandidatin in solchen Anti-Establishment-Zeiten. Nachdem 2008 das neoliberale Wirtschaftssystem zusammengebrochen ist, haben wir 2016 gesehen, wie das begleitende politische System in Stücke gehauen wurde.

Artikel außerhalb des Schwerpunkts

An sich, für sich, für mich!

Die (Ab)schaffung von Klasse als verbindendes Ziel

Stephan Junker

In der Linken wird wieder über Klasse geredet. Auch in der Interventionistischen Linken (IL). Doch, so scheint mir, ist man in dieser Diskussion noch recht ungeübt, sich in den Begriffen unsicher: Soziale Lage, Position im Produktionsprozess, kulturelle Milieus, die Abgehängten, Klassismus – irgendwie ist alles Klasse.

Perspektiven verschieben

Was die Linke vom Widerstand in Standing Rock lernen kann

Michelle Wenderlich

Meine Beteiligung an den antikolonialen Protesten in Standing Rock, North Dakota hat mich zu grundsätzlichen Fragen über die Linke geführt. In den USA bin ich eine weiße Siedler*in (queer, weiblich sozialisiert) und ich war nur zehn Tage vor Ort, so dass ich hier nicht über die aktuellen Debatten unter Indigenen und PoC über Entkolonisierung berichten will und auch nicht die Geschichte von Standing Rock schreiben kann. Ich will hier vielmehr berichten, wie sich der Einstieg in den Prozess der Entkolonisierung für mich angefühlt hat, welche Erkenntnisse dabei entstanden sind, und wie diese Erkenntnisse vielleicht helfen können, unsere gewohnten Perspektiven zu verschieben und einen Weg zu weitergehenden Veränderungen zu eröffnen.

Die Klasse der Anderen ist eine andere Klasse

Scham, Ekel und sozialer Voyeurismus in Didier Eribons Rückkehr nach Reims

Janek Niggemann & Sue Braun

Didier Eribons Buch Rückkehr nach Reims wurde so gehypt wie selten ein Buch über Klasse und die soziale Frage. In den linken und bürgerlichen Medien – ­eigentlich überall – wurde die autobiographische Erzählung über das Verlassen und Hassen der Herkunftsklasse, über Scham, die eigene (homo)sexuelle Befreiung und intellektuelle Suche positiv besprochen. Die Erzählung versucht sich gleichzeitig in einer Antwort auf die Frage, wie es zu diesem Aufstieg der Rechtspopulist*innen kommen konnte.

Mit dem Kopf durch die Welt?

Auf der Suche nach einem neuen linken Vertrauen

Move Utopia

Viele Wortneuschöpfungen wie «Commons», «Transition-Towns» oder «Sharing» sind in der Alternativen Linken der letzten fünf bis zehn Jahre aufgetaucht. Aber nicht nur das: Eine wachsende Anzahl gemeinsam genutzter Räume und Werkzeuge, in Form von urbanen Gärten, Verteilstationen, Gemüsekooperativen, offenen Werkstätten, Repair Cafés usw. ist zu beobachten. Liegt hier, in den pluralen Ausdrücken der Solidarischen Ökonomie eine neue Chance für eine sozial-ökologische Transformation?

Rezensionen

Alles Licht, das wir nicht sehen

Anthony Doerr

ein

Der Roman Alles Licht, das wir nicht sehen vom US-amerikanischen Autor Anthony Doerr spielt im 2. Weltkrieg. Zentrale Personen sind der deutsche Soldat Werner Hausner, der im besetzten Frankreich Partisan*innen vernichten soll und die blinde Resistance-Aktivistin Marie Laure LeBlanc. Beider Wege führen nach Saint-Malo...

Antifaschistische Frauen in Hannover: Zwischen selbstständigem Handeln und Familiensolidarität

Brunhild Müller-Reiß

Peter Bachstein

Wenn über den Widerstand gegen die Nazidiktatur gesprochen oder geschrieben wird, sind die darin vorkommenden Aktivisten meistens Männer. Antifaschistische Frauen wurden von der Forschung weitgehend ignoriert.

Das Netz in unsere Hand! Vom digitalen Kapitalismus zur Datendemokratie

Thomas Wagner

Stefan

Im Zusammenspiel von Infrastruktur-Plattformen und den großen Netzkonzernen entstehen Quasi-Monopole und riesige Ballungen an Daten, die durch die Werbewirtschaft und auch durch Sicherheitsapparate ohne ernsthafte gesellschaftliche Kontrolle ausgebeutet werden können. Den sich überschlagenden Entwicklungen laufen Linke in Analyse und Praxis tendenziell hinterher.