Die Klimakrise ist eine der fundamentalsten, existentiellsten Krisen des 21. Jahrhunderts. Diese Einsicht ist so folgenschwer wie abstrakt­ – jedenfalls für viele Menschen hierzulande. Im Globalen Norden ist die Klimakrise die ewig ‹kommende› Krise – und seit Jahrzehnten steht die Uhr auf fünf vor zwölf: «Wir können das Ruder noch herumreißen, das Klima noch retten, wenn wir jetzt endlich handeln!»

...zum Editorial

Bildpolitik

Was ist der Plural von Zukunft?

Jo Sordini & Stefanie M.

Spekulatives Fabulieren, ein ernst gemeintes Augenzwinkern im Angesicht der Katastrophe als ­(feministisches) Kampfwerkzeug? Mit Bildern versuchen wir, da weiter zu machen, wo wir sprachlos bleiben.­ Unangenehm? Banal? Absurd? Vielleicht liegt in den Grauzonen und Grautönen die eine oder andere ungesehene Möglichkeit.

Thema

Kämpfe für Klimagerechtigkeit als Hebel in ‹dystopischen Zeiten›

Erfahrungen aus österreichischer Perspektive

Johannes Strauch & Mattis Berger

«Wir haben nicht mehr viel Zeit», sagte Rudi Dutschke im Jahr 1968 beim Vietnam-Kongress in Berlin. Aus seiner Sicht gab es damals eine unmittelbare revolutionäre Dringlichkeit, auf die die Versammelten reagieren müssten. Heute, so scheint es, hat sich die Dringlichkeit, die Gesellschaft zu verändern, potenziert und auf ein völlig neues Niveau gehoben.

Vom Gipfelhopping zu den Orten der Zerstörung

Die arranca! im Gespräch über die Entstehung der deutschen Klimagerechtigkeitsbewegung

Redaktion

Im Gespräch mit Mona Bricke und Ines Neumann, ­beide seit Beginn aktiv in der Klimagerechtigkeitsbewegung, knüpfen wir an unsere arranca!-Ausgabe an, in der wir 2008 noch das Fehlen von Ausdrucks- und Praxisformen einer Klimagerechtigkeitsbewegung bemängelten. Inzwischen gibt es massenhafte Aktionen des Zivilen Ungehorsams. In der radikalen Linken ist Klima ein Thema geworden. Doch wie kam es dazu? Was waren und sind wichtige Strategien und Meilensteine der Klimagerechtigkeitsbewegung?

«Wie selbstverständlich wurden Barrikaden gebaut»

Über zivilen Ungehorsam, Repression und Massenmilitanz

Rafiki

Im April 2012 wurde der Hambacher Forst zum ersten Mal besetzt. Eine*r der ersten Besetzer*innen soll sich damals mit einem Megafon auf eine Plattform in den Bäumen geschwungen und den 300 Versammelten beim Fest «Wald statt Kohle» zugerufen haben: «Das Rheinland ist das neue Wendland!».

Live Outside the Box

Klimacamps als Resonanzorte

Frau Freimut

2014 bin ich das erste Mal auf einem Klimacamp ­gewesen. Im Rheinland. Eigentlich auf der Durchreise wollte ich drei Tage bleiben. Am Ende waren es elf  Tage und die Gewissheit, wiederzukommen.

Zu unserer Hoffnung stehen

Klimapolitik zwischen radikalem Systemwandel und realpolitischen Prozessen

Inken Behrmann

«Wir haben nichts erwartet und sind trotzdem enttäuscht» stand auf einem populären Banner zum Ende der Kohlekommission. Der Satz steht symptomatisch für das ungeklärte Verhältnis der radikalen Klimabewegung zu realpolitischen Prozessen. Mit unserer radikalen Verurteilung alles Falschen haben wir zwar meistens recht – aber keine gemeinsame Hoffnung auf Veränderung.

Wider dem postideologischen Zeitalter

Keine sozial-ökologische Transformation ohne Vergesellschaftung

Linda & Theresa

Die Eigentumsfrage spielt in den Kämpfen und Visionen der Klimagerechtigkeitsbewegung kaum eine Rolle. Dabei ist sie das Herzstück des kapitalistischen Akkumulations- und Wachstumszwangs, der die multiplen sozial-ökologischen Krisen verursacht. Die Vergesellschaftung des Energiesektors sollte für die Klimagerechtigkeitsbewegung eine zentrale Richtungsforderung sein.

Neue Makro-Horizonte

Solidarische Postwachstumsökonomie als Bewegungspraxis

Alexis Passadakis & Matthias Schmelzer

Nach Jahrzehnten der Defensive bringen linke Akteur*innen wieder positive Zukunftsvisionen ins Spiel – u.a. den ‹Green New Deal›. Ein solcher Makro-Horizont ist zentral, um die Klimakrise zu bearbeiten; er sollte jedoch der einer solidarischen Postwachstumsökonomie sein. Die Klimagerechtigkeitsbewegung sollte in diese Diskussion um die Zukunft von Wachstum und Kapitalismus intervenieren.

Feminismus. Streik. Klimagerechtigkeit.

Gemeinsamkeiten, Differenzen und Perspektiven von 8M und Fridays for Future

Lara Eckstein

Zwei große Bewegungen haben weltweit Zulauf: Feminist*innen ­verweigern die Lohn- und Care-Arbeit, Schüler*innen protestieren fürs Klima. Beide Streiks stellen die patriarchale Externalisierungsgesellschaft in Frage. Höchste Zeit also, den feministischen Streik am 8. März und die freitäglichen Klimastreiks zusammenzubringen.

Von der Grube auf die Straße

Gegen Kapitalismus und Klimakrise

Janna Aljets & Tadzio Müller

Ohne Kapitalismus kein Klimawandel. Daher müssen unsere Strategien gegen die Klimakrise seinen Kern treffen. Hierzulande bedeutet das, die Autoindustrie und mit ihr das gesamte gesellschaftliche System Auto anzugreifen. Wir rufen zum Kampf gegen den Autokapitalismus auf…

Für ein gesundes Klima kämpfen!

Klima- und Gesundheitsgerechtigkeit gemeinsam denken und praktizieren

Flausi

«Der Klimawandel ist die größte Gefahr für die globale Gesundheit im 21. Jhd.» (The Lancet 2009). Eine Aussage mit Schlagkraft. Eine Aussage, die versucht, ein überaus komplexes Problem auf den Punkt zu bringen. Eine Aussage, die Angst machen und eine, die politisieren kann.

«Make Rojava Green Again»

Interview mit Thomas von der Internationalistischen Kommune in Rojava/Nordsyrien

Lukas

Die Internationalistische Kommune ist Teil der Selbstverwaltungsstrukturen der Autonomen Föderation Nordsyrien/­Rojava. Aktivist*innen aus verschiedenen Ländern haben dort eine internationalistische Akademie aufgebaut. Dazu ­gehört neben politisch-kultureller Bildung, Sprachunterricht und kollektivem Leben auch die Kampagne «Make Rojava Green Again».

Ab auf den Acker!

Klimagerechtigkeit nur mit Agrarwende

Tim Carlo

Das globale Ernährungssystem befeuert die Klimakrise und ist strukturell ungerecht. Bäuer*innen und ländliche Gemeinschaften sind direkt betroffen und leisten Widerstand. Die Kampagne «Free the Soil» ruft zu ungehorsamen Aktionen auf.

Ställe zu Gewächshäusern!

Klimagerechte Agrar-Transformation

Animal Climate Action (AniCA)

Dass die Landwirtschaft und besonders die Tierproduktion einer der größten Verursacher des Klimawandels ist, ist mittlerweile unumstritten. Trotzdem bleibt die Auseinandersetzung mit dem Thema schwierig.

Alternativen zur Entwicklungspolitik jetzt

Für eine respektvolle und liebevolle Beziehung zur Natur und zur Menschheit

Marco Bazán Novoa

Noch vor der Klimagerechtigkeit, vor einer Klimabewegung, vor Maßnahmen gegen die ökologische Zerstörung: Alternativen zur Entwicklungspolitik jetzt!

Ein Technofix für die Klimakrise?

Geoengineering im Kontext von Akkumulation und Autoritarismus

Linda

Geoengineering ist eine Kampfansage an Klimagerechtigkeit und die dafür kämpfenden Bewegungen: Die Risiken und negativen Auswirkungen würden zulasten genau derer gehen, die auch vom Klimawandel am stärksten betroffen sind und ihn am wenigsten verursacht haben. Es zielt außerdem darauf ab, das fossile Zeitalter zu verlängern und leistet anti-empanzipatorischen, autoritären Kräften Vorschub.

Füreinanders sorgen

Feministische Utopien für eine posthumane Zukunft

Jo Sordini

Wir sollten Klimagerechtigkeit nicht um unserer Kinder, unserer Gesellschaft, unserer Art Willen betreiben – sondern weil Sorge da anfängt, wo Diskriminierung aufhört.

Für eine antifaschistische Klimagerechtigkeit

Angriff und Vereinnahmung – Klimawandelleugung und Heimatschutz

Florian Teller & Ilana Krause

Der «cultural gap» zwischen einer international vernetzten Klimabewegung, die sich mit einem abstrakten, wenngleich drängendem Problem auseinandersetzt, und oft lokal agierenden Antifa-Gruppen, die den politischen Gegner konkret vor Augen haben, scheint groß. Aber finden sich, abseits von Klischees wie «Black Block» oder «Klimahippies», vielleicht auch verbindende Elemente?

Vater*Mutter*Klima

Die ökologische Krise als soziales Verhältnis

Lydia Kray

Wer ist vom Klimawandel in welchem Ausmaß betroffen? Die Antwort auf diese Frage bringt notwendige Solidarisierungslinien hervor und zeigt, dass die ökologische Krise auch sozialer Natur ist. Dabei müssen auch all jene Beziehungsweisen, Arbeitsteilungen und Machtverhältnisse, die als ‹natürlich› gelten, radikal infrage gestellt werden. Kann ein ökofeministischer Ansatz helfen?

Kommunismus in Zeiten des Klimawandels

Die ökologische Krise als soziales Verhältnis

Mila Zehn

Kommunismus – eine Welt, in der die Kontrolle über den gesellschaftlichen Reichtum demokratisch in den Händen aller Menschen liegt – ­ist eine gesellschaftliche Utopie. Sie hat zudem das Potential, der Menschheit ‹den Arsch› zu retten. Es ist Zeit, dieses Potential zu heben.

Rezensionen

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A History of the World in Seven Cheap Things: A Guide to Capitalism, Nature, and the Future of the Planet

Raj Patel & Jason W. Moore

Nimo

Die Autoren nehmen die Leser*innen mit auf eine Reise durch die Geschichte des Kapitalismus, beginnend im 14. Jahrhundert. Ihre Argumentation bauen sie auf den sieben Dingen auf, die ihrer Analyse zufolge im Laufe der Zeit ‹entwertet› wurden, um den Fortbestand des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu sichern: Natur, Arbeit, Sorge (Care), Nahrung, Energie, Geld und Leben. …

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Gegen den Strom

Benedikt Erlingsson

Mecki

Langsame Bildverläufe bahnen visuell den Weg durch diese Natur. Modern interpretierte, traditionelle Musik stampft Zuschauende in kunstvollen Schnitten komödiantisch durch die einzelnen Pointen. Mal herzliche, mal pragmatische Dialogkultur trifft auf effektiven Protest. …

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Die Rote Linie – Widerstand im Hambacher Forst

Karin de Miguel Wessendorf

Sophie Seydel

Clumsy, ein junger Baumbesetzer, der den radikalen Teil der Bewegung verkörpern soll und Antje Grothus, eine Bürgerin aus der Umgebung des Hambacher Waldes und Betroffene der Auswirkungen des Tagebaus, werden im Film von zwei weiteren Protagonisten ergänzt …