These 1:
Konkrete Kämpfe brauchen eine utopische Hoffnung.

Ohne eine gesellschaftspolitische Utopie verbleiben wir im Kampf gegen die realexistierenden Probleme unserer Gesellschaft immer nur im Klein-Klein konkreter politischer Veränderung. Einen Wegweiser, eine Vorstellung davon, wie wir uns eine bessere Gesellschaft vorstellen, ermöglicht es uns, den Blick zu heben und zu sagen: Ja, da wollen wir hin.

These 2:
Kommunismus bleibt momentan verhaftet in Bildern einer vergangenen Welt.

Die kommunistische Gedankenwelt ist maßgeblich geprägt von ihren Gründungseltern. In ihrer Zeit, den Jugendjahren des Kapitalismus, schien der Fortschritt schier unerschöpflich. Diese Eigenschaft des Kapitalismus, keinerlei Rücksicht zu nehmen auf das Drumherum – egal ob Mensch oder Natur, analysierten die marxistischen Kritiker*innen sehr wohl. Doch die Endlichkeit der «Ressource Erde», die finale Zerstörungskraft des Kapitalismus, war für die Welt der ersten Kommunist*innen noch nicht relevant – für uns aber schon.

«Doch die Endlichkeit der ‹Ressource Erde›, die finale Zerstörungskraft des Kapitalismus, war für die Welt der ersten Kommunist*innen noch nicht relevant – für uns aber schon.»

Die realexistierenden sozialistischen Interpretationen nach 1917 in der Sowjetunion und in vielen anderen Ländern folgten dem Fortschrittsgeist der Gründungseltern weitgehend ungebrochen. Der Kommunismus blieb ein Fortschrittsmodell – basierend auf der Gewinnung und Verfeuerung fossiler Rohstoffe –, gedacht in der globalen Konkurrenz um das fortschrittlichere Modell. 1989 hat der Kapitalismus diesen Wettlauf gewonnen, soweit wissen wir Bescheid.

Wenn wir also denken, dass der Kapitalismus und sein zerstörerisches Wachstumssystem uns keine Überlebensperspektive bieten, dann ist dies gleichzeitig eng verwoben mit dem damaligen gesellschaftlichen Gegenentwurf: Dem realexistierenden Sozialismus (als selbsternannter Wegbereiter des Kommunismus). Doch leider war er ökologisch gesehen nicht viel besser und von der wirtschaftlichen Ausrichtung auf Wachstum nicht grundlegend verschieden. Und weg ist sie – die kommunistische Utopie.

These 3:
Für die Zukunft der menschlichen Weltgesellschaft braucht es einen radikalen Umbau der Gesellschaft, den der Kapitalismus nicht leisten kann.

Der Klimawandel beinhaltet völlig unkalkulierbare Risiken. Er ist ein Prozess, der, einmal in Gang gesetzt, die Lebensgrundlage von Milliarden von Menschen und vieler weiterer Lebewesen auf der Erde zu vernichten droht. Es wäre also eine gute Idee, diesen Wandel nicht loszutreten. Laut dem Bericht des Weltklimarats haben wir noch 11 Jahre, um diesen grundsätzlichen Umbau in die Wege zu leiten.

Aber wie ist die Menschheit auf diesen nötigen Wandel vorbereitet? Ist sie handlungsfähig, gibt es einen Plan? Man könnte sagen: Totalausfall. Das selbstgesetzte Ziel der kapitalistischen Staatenwelt, den Klimawandel auf 2°C, besser noch: 1,5°C, zu begrenzen, ist weit entfernt von seiner Realisierung. Der Kapitalismus steht im Angesicht des Klimawandels vor einem grundsätzlichen Problem: Die einzige Möglichkeit für die kapitalistische Wirtschaftsweise, Profit – und daraus abgeleitet (sozialen) Wohlstand - zu generieren, funktioniert über Wachstum. Wachstum bedeutet jedoch unter der gegebenen fossilen Wirtschaftsweise automatisch steigenden CO2-Ausstoß. Ausschließlich in 2009, also während der globalen Wirtschaftskrise und der dadurch zurückgehenden Industrieproduktion ist der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren gesunken. Der Kapitalismus kann nicht Profit, soziale Teilhabe und Klimaschutz gleichzeitig ermöglichen. Er entscheidet sich, wie unter Trump, ausschließlich für Profit oder, wie der Protest der Gelbwesten gegen die CO2-Steuer in Frankreich zeigt, für Profit und Klimaschutz und gegen soziale Teilhabe. Es ist deshalb absolut notwendig, alternativen Wirtschaftsweisen und demokratischer politischer Entscheidung über die Wirtschaft und gesellschaftlicher Entwicklungen jenseits des Profits den Vorzug zu geben. Das müssen wir vehement einfordern!

These 4:
Die globale Rechte hat als Antwort auf den Klimawandel nur Leugnung und Abschottung – die globale Linke hat die Perspektive internationaler Solidarität.

Die Spaltung der Welt in Länder des Globalen Nordens, die das Potential haben, für sich und ihre Bevölkerung die negativen Auswirkungen des Klimawandels zumindest teilweise zu begrenzen, und Länder des Globalen Südens, die dem zerstörerischen Wandel des Klimas deutlich schutzloser ausgeliefert sein werden, ist offenkundig. Zurecht begreift sich die Klimabewegung in Deutschland als Klimagerechtigkeitsbewegung. Klimawandel wirkt sich sehr unterschiedlich aus, je nachdem, wie Menschen in der Lage sind, sich zu schützen.

Deshalb ist der Klimawandel eine Klassenfrage und eine globale Nord-Süd-Frage. Klimawandel stellt die Frage der internationalen Solidarität neu und radikal: Können wir eine gemeinsame internationale und solidarische Perspektive entwickeln oder setzen sich nationalistische, rassistische, abschottungsorientierte und kriegerische ‹Lösungen› durch, wie sie in den Politiken von Trump, Bolsonaro und Orbán bereits konkrete Formen annehmen?

Die rechte politische Perspektive ist keine, die eine Lösung für den Klimawandel anbietet. Sie steuert direkt in ihn hinein und beantwortet die sozialen und ökologischen Verwerfungen, die er produziert, mit autoritärer und potentiell faschistischer Politik. Die globale Linke wird gebraucht. Sie kann mit den Bewegungen, die sich gegen den Klimawandel, Neoliberalismus und Autoritarismus wehren, eine utopische Perspektive entwickeln. Die globale Linke streitet für offene Grenzen und ist die einzige, die offensiv die Überwindung des Nationalstaats einfordern kann. Weil dies zwingend eine konsequente globale Gleichberechtigung beinhaltet, die nicht an Ländergrenzen halt macht. Jedes Menschenleben ist gleich viel wert und hat das gleiche Recht zu (über-)leben. Offene Grenzen sind die konsequente Antwort sowohl auf Ausschluss von gesellschaftlichem Reichtum als auch auf eine Klimakatas­trophe, die ganze Landstriche und Regionen verwüsten, teilweise unbewohnbar machen wird. Sie ist ebenfalls die Antwort auf die historische Verantwortung der reichen Industrieländer für genau diese Katastrophe.

These 5:
Kommunismus muss ein neues Angebot formulieren – ein grundlegender und geplanter Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft zum Wohle aller Menschen.

Kommunismus bietet eine Perspektive, die Wachstumsökonomie Kapitalismus umzubauen in eine bedürfnisorientierte Ökonomie – der Kapitalismus selbst kann das nicht. Kommunismus muss bedeuten, die ressourcenfressende und Zerstörung verursachende Wirtschaftsweise möglichst sofort zu überwinden. Er wird eine radikale Abkehr von der undemokratischen Herrschaft einer Minderheit von Kapitalbesitzenden bedeuten, die die Grundlage der gesamten Menschheit zerstört. Kommunismus stellt sich der Herausforderung, die grundlegenden Bedürfnisse aller Menschen möglichst sofort zu erfüllen: Ein Leben in Frieden, Freiheit, Teilhabe an Bildung, Wohnen, gesellschaftlichem Reichtum. Das ist möglich! Radikale Demokratie und die Unterordnung der Produktion unter die (Über-)Lebensbedürfnisse aller Menschen ist sein Programm. Scheiß auf den Markt – on the capitalist run we are all dead!

«Radikale Demokratie und die Unterordnung der Produktion unter die (Über-) Lebensbedürfnisse aller Menschen ist sein Programm. Scheiß auf den Markt – on the capitalist run we are all dead!»

These 6:
Die Reduktion des Ressourcenverbrauchs zur Vermeidung des Klimawandels bedarf globaler Ressourcengerechtigkeit – und das ist für alle gut!

Die zentrale Frage, wieviel Ressourcenverbrauch sich die Menschheit überhaupt noch leisten kann, muss die Grundlage aller geplanten wirtschaftlichen Aktivitäten sein. Nur mit der politischen und demokratischen Entscheidung, was, für wen, wie, wo und wieviel produziert wird, können wir uns auf den Weg machen in eine mögliche Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten. Das bedeutet den kompletten Umbau unserer momentanen Wirtschaftsweise. Nicht mehr und nicht weniger ist realistisch – um beim Unmöglichen zu bleiben.

Nicht alle Menschen werden gleichermaßen von einer Umsetzung der Politik globaler Gerechtigkeit profitieren: Menschen in Industrieländern werden von diesem Kommunismus gewinnen: Eine Welt, in der sie leben können, eine höhere Lebensqualität durch ein Ende der sinnfreien Arbeit, absurden Produktivitätssklaverei und Ausbeutung. Und sie werden verlieren: Den Luxus des ressourcenverschwenderischen Lebens. Die exzessive Mobilität einer kleinen Minderheit wird sich auf dem gegebenen Stand der Technik radikal einschränken müssen. Die Mobilität der breiten Bevölkerung wird sich im Zuge von kostenlosem und deutlich ausgebauten öffentlichem Personennahverkehr in Stadt und Land deutlich verändern und womöglich sogar verbessern. Konsum wird sich an manchen Stellen radikal einschränken, an vielen Stellen radikal verändern müssen. Es braucht eine deutlich veränderte Ressourcenwirtschaft, zum Beispiel eine tatsächliche Kreislaufwirtschaft. Wie das unter den Maßgaben der materiellen Notwendigkeiten geschehen soll, das müssen die Menschen im Globalen Norden dann gemeinsam und konkret entscheiden. Menschen im Globalen Süden werden vom Kommunismus gewinnen: Ein Leben in Würde, massive Investition in die soziale Infrastruktur, Bildung, Anhebung des Lebensstandards weltweit bei gleichzeitiger Umstellung der Wirtschaftsweise – sie werden verlieren: Die Perspektive, Teil des westlichen ressourcenverschwenderischen Lebens zu werden. Das, was wir uns an Ressourcenverbrauch, das heißt auch an Investitionen, leisten können, wird in die Hebung der grundsätzlichen Infrastruktur und Lebensqualität für Alle gehen – also zum aller größten Teil in den Globalen Süden. Was konkret und wie ausgebaut werden wird, das werden die Menschen im globalen Süden entscheiden.

These 7:
Es gibt Berührungspunkte von Kommunismus, Klimawandel und bestehenden Bewegungen.

Wir wollen eine solidarische, gerechte und internationalistische Perspektive, wie viele, viele andere Menschen auf der Welt. Dabei handelt es sich um die schlichte Utopie: Alle sollen gut leben können. Alle sollen weltweit die gleichen Möglichkeiten haben. Alle Menschen sollen sich frei bewegen können. Alle bestimmen demokratisch über alles. Viele dieser Grundprinzipien finden wir in den Bewegungen, die für Klimagerechtigkeit kämpfen. Um auf diese Utopie hinzuarbeiten, brauchen wir konkrete Schritte und Ansatzpunkte.

Progressive politische Bewegungen in der Landwirtschaft, vor allem im Globalen Süden, streiten seit langem für den Begriff der Ernährungssouveränität. Dabei dreht es sich um die demokratische Selbstbestimmung im Agrarsektor, also um unser Ernährungssystem. Es muss entlang sozialer und ökologischer Kriterien umgebaut werden. Dies bedeutet: Biodiversität, traditionelles Saatgut und Agrarökologie anstatt chemischer Dünger, Monokulturen und gentechnisch veränderter Lebensmittel. Nicht wenige große Agrarkonzerne sollen bestimmen, wie und welches Essen wir produzieren, sondern die gesellschaftliche Allgemeinheit ist gefragt, diese Entscheidungen zu treffen. Gute Nahrungsmittel müssen ein Gemeingut werden und für alle zugänglich. Sie dürfen nicht marktförmig verteilt werden.

Eine in Räten organisierte Demokratie wie in Rojava in Nordsyrien macht es möglich, dass die Bevölkerung nicht nur alle vier Jahre, sondern dauerhaft politische Impulse setzen kann, die gesellschaftlich gebraucht werden.

Der Degrowth-Ansatz als progressiver, über den Kapitalismus hinausweisender, ökonomischer Ansatz geht erste Schritte, eine Wirtschaft ohne Wachstum vorstellbar zu machen.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung versucht über Aktionen des massenhaften zivilen Ungehorsams à la Mahatma Ghandi, die Kohlegruben und andere Orte der Zerstörung stillzulegen. Ihr Ansatz ist es, möglichst viele Menschen in konkreten Aktionen in die Auseinandersetzung um die demokratische und politische Selbstbestimmung der Gesellschaft mit einzubeziehen.

Der momentan heftig geführte Kampf um offene Grenzen hat ebenfalls bedeutende Schnittpunkte mit der Klimagerechtigkeitsbewegung – allein dadurch, dass Industrienationen für den Klimawandel und die dadurch verursachten Schäden und Katastrophen verantwortlich sind.

Auch in der Arbeiter*innenbewegung im Globalen Norden beginnt ein Umdenken: Schon jetzt sind sehr oft Arbeitszeitverkürzungen, mehr Urlaub, weniger Arbeitsverdichtung Ziel ihrer Kämpfe. Zudem beginnt momentan in der IG Metall in Deutschland die längst überfällige Debatte über die ökologische Transformation der Industrieproduktion aus Sicht der Beschäftigten.

These 8:
Auch autoritäre ‹Lösungen› sind denkbar – eine Welt in Krise, Krieg und Faschismus.

Momentan leugnet die rechte politische Landschaft den Klimawandel. Aber es ist auch eine Welt denkbar, in der diese Gruppierungen den Klimawandel anerkennen und autoritäre Antworten auf ihn finden. Die Dramatik der wenigen verbliebenen Zeit und der Radikalität der zu ergreifenden Maßnahmen lassen sowieso auch auf der politisch eher gemäßigten Seite der Gesellschaft Stimmen laut werden, die einer ‹Ökodiktatur› nicht mehr so ganz abgeneigt sind – wenn, ja wenn, sie unsere Existenz als Menschheit bewahrt. Rechte Ideologien sind hier anschlussfähig. Selbstredend wird es sich hierbei nur um bestimmte Teile der Menschheit handeln, die als schutzbedürftig gelten. Und leicht vorstellbar ist auch, dass der CO2-lastige Energiebedarf des Globalen Nordens, der die eigene gesellschaftliche Existenz sichert, schon mal mit Waffengewalt gegen die unter CO2-Gesichtspunkten aufholenden Ökonomien des Globalen Südens verteidigt werden könnte. So könnte ein autoritär regierter Westen bereit sein, die Kohlekraftwerke des aufstrebenden Schwellenlandes zu bombardieren, um das eigene Überleben gegen das der Anderen durchzusetzen. Ganz zu schweigen von Kämpfen unter rivalisierenden imperialistischen Blöcken um knapper werdende Ressourcen. Geoengineering zur Abwendung des Klimawandels mittels globaler Klimasteuerung umfasst großtechnologische Ansätze, die den Großmächten, die diese Steuerung unter ihre Kontrolle bringen, die Macht verleihen würde, die klimatischen Bedingungen der Welt zu ihren Gunsten zu beeinflussen – sofern diese Technologien funktionieren und nicht noch viel Schlimmeres anrichten.

«Kommunismus könnte, wenn es schlecht läuft, das System sein, das den versagenden Kapitalismus erst ablöst, wenn der Klimawandel in vollem Gange ist. Damit müsste er auch die Last tragen, Gerechtigkeit unter Vorzeichen des Mangels, der Zerstörung und der radikalen klimatischen Bedingungen zu erschaffen.»

These 9:
Kommunismus ist auch in dystopischen Zeiten eine Utopie.

Kommunismus könnte, wenn es schlecht läuft, das System sein, das den versagenden Kapitalismus erst ablöst, wenn der Klimawandel in vollem Gange ist. Damit müsste er auch die Last tragen, Gerechtigkeit unter Vorzeichen des Mangels, der Zerstörung und der radikalen klimatischen Veränderungen zu erschaffen. Das könnte eine harte Probe werden für eine so junge Demokratie. Gleichzeitig wird sie die einzige sein, die sich dieser Herausforderung jenseits dystopischer Welten stellen kann.