Form follows function: Organisierung hat sich den historischen Aufgaben zu stellen. Die derzeitigen Flucht- und Migrationsbewegungen sowie das Scheitern von Syriza in Griechenland fordern eine praktische Überprüfung der politischen Konzepte. Vor diesem Hintergrund komplettieren wir mit der arranca!-Ausgabe #49 die Doppelausgabe zur Organisierungsfrage. In unserer Einladung zum Mitmachen hatten wir festgehalten, dass es darum geht, vom Stand der aktuellen Kämpfe aus zu denken. Wir hatten euch deshalb gefragt, wie eine politische Praxis aussieht, die unsereKritik gesellschaftlich wirksam werden lässt. Auch diesmal haben wir verschiedene Antworten bekommen.

...zum Editorial

Bildpolitik

Release: Zurück in die Zukunft

Graphic Recording von 123Comics

123Comics

Wir hatten das Vergnügen die Release-Veranstaltung unserer Ausgabe #48 Zurück in die Zukunft von 123Comics im Graphic Recording-Verfahren, einer Art visuellem Protokoll, dokumentieren zu lassen. Hier seht ihr die Ergebnisse, die gleichzeitig auch den Bildbeitrag zu dieser Ausgabe lieferten.

Thema

Crew Love Is True Love

Ein Erfahrungsbericht über die Grenzerfahrungen innerhalb des eigenen Organisationshorizonts

Teufelchen

Ein Erfahrungsbericht über die Grenzerfahrung innerhalb des eigenen Organisationshorizonts oder aber die Begründung, warum mensch plötzlich alles stehen und liegen lassen sollte.

Mehr werden

Thesen für eine populare Strategie der Linken

Hendrik Sander & Jonas Baliani

In dem vorliegenden Text möchten wir die Kernelemente eines linksradikalen Politikverständnisses entwickeln, das wir als populare, hegemonieorientierte Strategie der Linken bezeichnen. Wir sind davon überzeugt, dass eine solche Strategie nicht nur eine Antwort auf die gegenwärtige Konjunktur der Kämpfe in Deutschland geben kann, sondern darüber hinaus auch alslängerfristige strategische Orientierung für die Linke geeignet ist. Mit dem Artikel wollen wireine bestimmte Art, emanzipatorische Politik zu denken und zu praktizieren, zur Diskussion stellen und so einen Beitrag zu den gegenwärtigen Strategie- und Organisierungsdebatten innerhalb der Interventionistischen Linken, aber auch der emanzipatorischen Linken insgesamt leisten.

Kommt ihr mit in den Alltag?

Eine praktische Kritik an der Interventionistischen Linken und ein Mutmacher zum Andersmachen

Zweiter Mai

Zwei Genoss*innen fragten sich in der arranca!#48, «warum wir neben der Arbeit in Basisinitiativen noch eine IL brauchen». Wir wussten es im Sommer 2014 auch nicht mehr – und sind deshalb nach sieben Jahren aus der Interventionistischen Linken (IL) ausgetreten.

...denn das ist die Lehre aus der DDR

Tina und ihr Trupp

Gespräch mit Tina und ihr Trupp, die 1989 zwischen 2 und 16 Jahre alt waren, über Politisierungsprozesse, Organisierung in der IL, Utopien und darüber, was die Sozialisation im Osten mit dem Ganzen zu tun hat

Die Hegemonie gewinnen

Basisorganisierung von Erwerbslosen und Prekären

BASTA Erwerbsloseninitiative Berlin-Wedding

Ein Blick auf das jahrelang gleichbleibende Berliner Verhältnis von Arbeitslosenzahlen und offenen Stellen von ca. 412 000 zu 22 000 (2015) bringt uns zu der banalen Erkenntnis, dass es sich bei der Erzählung von arbeitsunwilligen und ungebildeten Arbeitslosen, den Unterschichten-Prolls, nicht um die Realität, sondern um eine Propaganda-Strategie handelt. Die Lüge der faulen Arbeitslosen spielt denjenigen in die Hände, die von zu wenig und zu schlecht bezahlter Arbeit auf der einen und Intensivierung des Arbeitsalltages auf der anderen Seite profitieren.

Anders leben (auch) mit Kind(ern)

Über alternative Familien, Beziehungsmodelle und die Linke

Jana & Mila & Tim

Inspiriert von der Selbstbefragung der Berliner Queer_Feminismus-AG in der IL fanden sich Tim (IL Tübingen), Mila (IL Berlin) und Jana zusammen um ihre Erfahrungen, Abwägungen und Utopien individueller Bedürfnisbefriedigung, alternativer Lebensformen und Reprodukionsarbeit zu diskutieren.

Mächtig werden in beunruhigenden Zeiten

Andreas Karitzis

Die strategische Niederlage des letzten Jahres wirkt in der griechischen Linken immer noch stark nach und hat dort zu verschiedenen Reaktionen geführt: Manche scheinen sich mit oberflächlichen Erklärungen der Geschehnisse zu begnügen und kehren zu den üblichen Denk- und Handlungsmustern zurück; andere spüren die strategische Tiefe der Niederlage und ziehen sich enttäuscht und demoralisiert in sich selbst zurück. Und wieder andere versuchen, von der «Syriza-Erfahrung» zu lernen und sich zu verändern, um wirkmächtig zu werden und von nun an von echtem Nutzen für die Bevölkerung zu sein. Im Groben sind das die Reaktionsweisen sowohl der Leute, die Syriza verlassen haben, als auch der griechischen Linken insgesamt. Die meisten von uns spüren die Gefahren, die vor uns liegen, aber derzeit sind wir von einer gemeinsamen und machbaren Strategie weit entfernt.

Quo vadis, Blockupy?

Rück- und Ausblick auf eine Kampagne gegen das europäische Krisen- und Grenzregime

IL-Krisen AG

Blockupy ist ein für die Linke bedeutsamer Prozess. Nachfolgend werden der Wert von Blockupy skizziert, ein umstrittener Aktionsvorschlag vorgestellt und weitere konkrete Perspektiven aufgezeigt. Mit dem Text wird versucht, einen Diskussionsraum – auch innerhalb der Interventionistischen Linken – wieder zu öffnen. Entstanden ist der Text im Januar 2016 vor dem Blockupy-Ratschlag und nach verschiedenen Gesprächen einiger Genoss*innen der Berliner IL-Krisen AG.

Irgendwie funktioniert es, denn wir müssen ja zusammenarbeiten, wenn wir Politik machen wollen!

Corasol & Genoss_innen von Women in Exile & InterSol-AG der IL Berlin

«In der InterSol (Arbeitsgruppe Internationale Solidarität der IL) kamen wir zu dem Schluss, dass, wenn wir antirassistische Arbeit machen wollen, das nur in einer gemischten Gruppe geht, weil wir keine Stellvertreter*innen-Politik machen wollen. Am Anfang sind wir ganz gezielt auf geflüchtete Genoss*innen zugegangen und haben sie gefragt, ob sie in der InterSol mitmachen möchten. Und so sind nach und nach immer mehr Geflüchtete gekommen.»

«J’ai compris que nous luttons pour une même cause»

Corasol & InterSol de IL Berlin & Women in Exile

« Dans le groupe InterSol, on a décidé qu’un travail antiraciste n´était possible que dans un groupe mixte, parce que on ne voulait pas faire de politique sans intégrer les réfugiés. Au début on a approché des réfugiés directement, puis de plus en plus de personnes sont venues vers nous. »

Gegenmacht und Doppelherrschaft

Organisierung in San Diego/USA

Oscar Zamora

Ab 2007 schlug die Weltwirtschaftskrise auch in San Diego zu. Der Krise folgten Protestwellen, links in Form von Occupy, rechts in Form der Tea Party. Im Ergebnis aber wurde die Krise vom Herrschaftssystem genutzt: Zur Lösung der Krise des Neoliberalismus wurde ein noch härterer Neoliberalismus propagiert. Nach dem Scheitern der linken Bewegungen ist deswegen eine nüchterne Neubewertung notwendig geworden.

Rise Together*

Refugee-Kämpfe, Support und Organisierung in Ӧsterreich

Jürgen aus Graz

Es gibt hierzulande wohl nur eine Wahl, die politische Prozesse ausreichend reflektiert: die Wahl zum österreichischen Wort des Jahres. Dem Gewinnerwort 2015 «Willkommenskultur» steht dabei «besondere bauliche Maßnahmen» als Unwort gegenüber, eine euphemistische Bezeichnung für den kilometerlangen Zaun an der slowenischen Grenze in Spielfeld/Špilje. Doch obwohl dieser vermeintliche Widerspruch in Österreich, wie in vielen anderen Ländern Europas, inzwischen staatspolitische Praxis ist, kommt darin auch eine gesellschaftliche Polarisierung zum Ausdruck, wie sie hierzulande nur selten erlebt wurde.

Ein politisch denkender Mensch zu sein...

Organisierung und wissenschaftliche Arbeit – eine Collage

Redaktion

In der Interventionistischen Linken und ihrem Dunstkreis gibt es einige Genoss*innen, die beruflich akademisch tätig sind, sei es durch Unijobs oder als Postgraduierte. Die Frage, wie ihr Wissen aus akademischen und theoretischen Kontexten Organisierung beeinflusst, liegt auf der Hand – manchmal bringen sie ihr theoretisches Wissen in arranca!-Beiträgen ein. Eher selten fragen wir hingegen danach, wie Erfahrungen von Organisierten in einem Wechselverhältnis zur wissenschaftlichen Praxis stehen. Dies haben wir nachgeholt und erkunden so auch, was IL-Aktivist*innen eigentlich so neben ihrer Politarbeit machen und was sie im Berufsleben bewegt.

Kaffe & Revolution

Erfahrungen eines linken Organisierungsversuchs unter Studierenden

Florian Frey

Lange galten die Universitäten als linke Hochburgen und Studierende grundsätzlich als links. Das ist heute anders: Linke Wissenschaftler*innen wurden weitgehend aus dem akademischen Apparat verdrängt, und politisches Bewusstsein und linke Einstellungen unter Studierenden sowie die Bereitschaft zum Engagement haben stark abgenommen. Die Schwäche linker Politik an den Universitäten steht im Gegensatz zu deren zunehmender Bedeutung.

Bildet Banden!

Auswertung einer Selbstbefragung unter 300 Aktivist*innen

Berliner Queer_Feminismus AG

Eigentlich gibt es seit unserer Elterngeneration gesellschaftlich einige Fortschritte: Theoretisch ist es möglich als schwules Paar Kinder großzuziehen, und als Alleinerziehende*r wird mensch nicht automatisch von ihrer*seiner Familie verstoßen.Eingetragene Lebenspartnerschaften wurden der Ehe fast gleichgestellt, aber jenseits davon wird die Luft schnell dünn.

Der große Versuch

Podemos in Spanien

Winnie Medina

Neben dem parlamentarischen Ringen um Mehrheiten und Koalitionen zeigt sich die Dynamik, die Spanien derzeit erlebt, vor allem auch politisch-kulturell: etwa in der Anklage und Inhaftierung der beiden Puppenspieler Alfonso und Raúl aufgrund ihres auf der Drei-Königs-Parade in Madrid aufgeführten Stücks – wegen Terrorismusunterstützung. Die Anklage ist eine von etlichen Überreaktionen eines konservativen Spaniens, das versucht, die offen zu Tage liegende Tatsache von Veränderung abzustreiten und zu bekämpfen. Das Theaterstück, das vor Gewaltszenen strotzt und auch vor Kindern aufgeführt wurde, überschreitet womöglich nicht nur Grenzen des guten Geschmacks. Aber Terrorismus?

Rezensionen

«Ich würde es wieder tun» – Texte aus dem kolumbianischen Knast

Redher & CSPP (Hg.)

Ani Diesselmann

Während allerorten von den angeblichen Friedensverhandlungen und vom Postkonflikt in Kolumbien berichtet wird, ist allein der Titel des Buches eine Provokation: Hier kommen  Menschen zu Wort, die zur Verteidigung ihrer politischen Ideale zur Waffe gegriffen haben.

The Act of Killing / The Look of Silence

Joshua Oppenheimer

mb

So etwas hatte ich noch nie gesehen. Das wusste ich, als ich den Kinosaal von «The Act of Killing» verließ, 2013 auf der Berlinale, wo der Streifen zu meiner Überraschung den Panorama Publikumspreis abräumte. Immerhin geht es hier um Massenmord. Den weiterhin unaufgearbeiteten an rund einer Million vermeintlicher und tatsächlicher Kommunist*innen in Indonesien 1965/66. Ein gelinde gesagt sperriges Thema.

Die schützende Hand. Denglers achter Fall.

Wolfgang Schorlau

Florian Osuch

Zum NSU-Komplex sind bereits mehrere Sachbücher erschienen, heraus sticht das mehr als 800 Seiten starke Werk Heimatschutz: Der Staat und die Mordserie des NSU (Aust/Labs, 2014). Auf dessen Grundlage wird in München ein Kinofilm produziert. Die ARD plant zwischen dem 30. März und 6. April 2016 die Ausstrahlung einer Spielfilm-Trilogie, je einen Film aus Sicht der Täter*innen, der Opfer und der Ermittler*innen. Fakten, Fiktion und Interpretation verschwimmen in Denglers achtem Fall über den NSU.

Unbeugsam und widerständig Die radikale Linke in Deutschland seit 1989/90

Ulrich Peters

Markus Baumgartner

Ein Mammutwerk: Auf über 700 Seiten arbeitet Peters akribisch an einer «Geschichte der radikalen Linken in Deutschland seit 1989/90». Als «radikale Linke» gelten ihm all diejenigen, die für eine Überwindung des Kapitalismus antreten. Somit geht es um eine Breite von Autonomen bis zur DKP. Deren organisatorische Entwicklung, theoretische Debatten und praktische Politik wird von Peters bis ins Jahr 2010, mal mehr, mal weniger nachvollziehbar geschildert.

Murmeln, Mumbeln, Flüstertüte – Lexikon der Bewegungssprache

Niels Seibert, Ines Wallrodt (Hg.)

ern

Latschdemo, Heiligendamm, FLTI*, Definitionsmacht – rund 150 Begriffe aus der Bewegungssprache werden in diesem kleinen Lexikon von verschiedenen Autor*innen erklärt.

Älterwerden in Bewegung

Rehzi Malzahn: Dabei Geblieben – Aktivist_innen erzählen vom Älterwerden und Weiterkämpfen

Markus Baumgartner

In 25 Interviews und Gruppengesprächen geht Malzahn der Frage nach, wie radikal linke Menschen sowohl mit dem persönlichen Älterwerden als auch dem politischen «dabei bleiben» umgehen. Ihr Ausgangspunkt ist die immer wieder beklagte Tatsache, dass sich um das 30. Lebensjahr viele Aktivist*innen aus der (post-)autonomen Bewegung verabschieden. Oft zugunsten von beruflichen Karrieren oder Familiengründungen, aber auch weil die »Szene« zu wenig politische Perspektiven bietet, um mit ihr zu altern.