Rehzi Malzahn
Dabei Geblieben – Aktivist_innen erzählen vom Älterwerden und Weiterkämpfen

Unrast Verlag, Münster 2015, 256 Seiten, 16 €

Im Vorwort schildert Malzahn, altersmäßig selbst Mitte 30, wie die eigenen Zweifel an ihrem politischen Aktivismus letztlich den Anstoß für das Buch gaben. So macht sie sich selbst auf die Suche nach einem »Überlebensrezept«,  um „dem Anpassungsdruck der Gesellschaft nicht nachzugeben« (S. 15). Nicht erklärt wird leider, wie die Auswahl der Interviewten zustande kam. Nur vage heißt es, es sollen »Leute aus unterschiedlichen Bewegungen und Orten« (S. 8) zu Wort kommen. Die Altersspanne der von ihr Befragten reicht von 44 bis 72 Jahren. Sie alle orientieren sich an autonomer bzw. postautonomer Politik im weitesten Sinne und wohnen in der Regel in der Großstadt. Wer als Leser*in noch jünger ist, kommt bei der Lektüre nicht umhin, sich selbst Fragen nach dem eigenen »Bleiben« oder »Gehen« zu stellen. Alleine diese Tatsache macht das Buch zu einem Gewinn.

In den Texten wird deutlich, dass verschiedene Formen von solidarischer Ökonomie eine wichtige Rolle beim »weitermachen« gespielt haben. Deren Existenz wird allerdings oft in einem politischen Generationenprojekt verortet, dass es heute so nicht mehr gebe – stattdessen würden sich auch in der Linken zuhauf Individualisierungstendenzen zeigen. Ein IL-Genosse aus Frankfurt kritisiert die heute verbreitete Haltung, das eigene Engagement als »Politik machen« (S. 228) zu verstehen. Das habe zu viel von einem Hobby, das man jederzeit auch wieder abbrechen könne. Eine weitere Essenz: Es gelte, sich die Wut auf die Verhältnisse zu bewahren und trotzdem Erfahrungen von positiver gesellschaftlicher Veränderung zu machen. Von einer zunehmenden Gelassenheit gegenüber aufgeladenen Szenediskussionen berichten ebenfalls mehrere »Ältere« .

In einem knapp gehaltenen Nachwort versucht die Herausgeberin, die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse zu systematisieren. Heraus kommt eine Kritik an der autonomen Bewegung (der »Subkulturalität« und »Selbstghettoisierung« vorgeworfen wird), die so bereits in den 1990ern geübt wurde. Heinz Schenk und Co. lassen grüßen! Spätestens an dieser Stelle ist es schade, dass es kaum konkrete Informationen in den Gesprächen dazu gibt, wie die politischen Zusammenhänge und Gruppen der Interviewten funktionieren. Denn die Frage des »dabei bleibens« darf schließlich nicht nur individuell verhandelt werden. Es ist eine Aufgabe der radikalen Linken und ihrer Strukturen, das »bleiben« zu ermöglichen. Das Buch bietet für eine diesbezügliche Diskussion auf jeden Fall einen gelungenen Anstoß. Und es sollte bald mit Berichten derjenigen kontrastiert werden, die »nicht geblieben« sind.