Die Entstehung der postautonomen Strömung
Ihren Ausgangspunkt finden unsere Überlegungen zu Zeiten der deutschen Wende. Damals gründeten sich Gruppen wie Avanti und FelS aus einer Kritik an ihren linksradikalen Weggefährt*innen. Insbesondere in der sogenannten Heinz-Schenk-Debatte, aus der die Gruppe »Für eine linke Strömung« (FelS) hervorging, kritisierten einige Aktivist*innen mit scharfen Worten ihre (ehemaligen) autonomen Genoss*innen, denen sie eine zunehmend strategie- und fantasielose Kampagnenheinzerei und ein Einrichten im eigenen Szeneghetto vorwarfen. Dagegen forderten sie, wieder tatsächlich in gesellschaftliche Auseinandersetzungen zu intervenieren, die eigene Politik theoretisch und strategisch zu bestimmen und neue verbindlicheOrganisationsformen jenseits der autonomen Plena und Kleingruppenzu erproben. Die aus solchen Debatten entstandenen Gruppen trugen vorrund 25 Jahren zur Formierung einer ganz neuen Richtung der radikalen Linken bei: der postautonomen Strömung. Was bleibt heute von den damaligen Debatten? Die genannten Gruppensind inzwischen mit vielen anderen in der Interventionistischen Linken aufgegangen. Nicht nur die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern vor allem auch die Bewegungslandschaft hat sich verändert. Die Autonomen sind (zum Glück) nicht verschwunden, aber haben längst ihre zentrale Bedeutung in der linksradikalen Bewegung verloren und sich in Teilenauch selbst zum Positiven gewandelt. Neue linke Organisationen haben auf erfrischende Weise begonnen, die »Szene« als Bezugsrahmen linker Politik abzulösen. Nichtsdestotrotz – und das ist unser zentrales Argument – sind wir davon überzeugt, dass die damals aufgeworfenen Grundfragen linker Politik auch heute noch aktuell sind, in erneuerter Form beantwortet werden sollten und als strategische Orientierung weiterhin politisch produktiv sind. Wir möchten im Folgenden eine ganz bestimmte Lesart der postautonomen Strömung, ihrer theoretischen Hintergründe und ihrer bisherigen politischen Praxis herausarbeiten.
Populare Praxen statt Propaganda der Tat
Diese strategische Perspektive setzt zunächst auf einen Stellungskampf,der an vielfältigen, auch unscheinbaren gesellschaftlichen Orten und in ganz unterschiedlichen Formen geführt wird. In einem langfristigen gesellschaftlichen Veränderungsprozess ist der Aufbau einer breit verankerten Gegenmachtalso eine Voraussetzung, um die zentralen Institutionen der Herrschaft in Bewegungskämpfen angreifen und überwinden zu können. Dafür müssen wir unsere politischen Forderungen und Praxen so ausrichten, dass aus Minderheiten Mehrheiten werden können bzw. dass sich große Teile der Bevölkerung darin wiederfinden können. Die zentrale Herausforderung für uns besteht darin, all die Menschen, denen wir täglich auf der Straßebegegnen, in die Bewegung einzubeziehen. Deswegen muss die Linke langfristig in Basisinitiativen mitarbeiten und kollektive Erfahrungen mit subalternen Perspektiven sammeln (vgl. Jewelz und Buenaventura sowie Zwei Ex-Avantis der IL Berlin Stadt-AG in arranca! #48). Dabei lässt sich von ganz unterschiedlichen Initiativen lernen: Solidarity4all in Griechenland, die Plataforma de Afectados por la Hipoteca (PAH) in Spanien oder die Unterstützungder Amazon-Streikbewegung durch IL-Gruppen in Leipzig und Frankfurt. Zwar können gesellschaftliche Begehren in eventorientierten Aktionen und Kampagnen einen Ausdruck finden, bzw. solche Ereignisse können eine wichtige katalysatorische Rolle für latent angelegte Unzufriedenheiten in der Bevölkerung spielen. Irreführend ist hingegen die Annahme, die Linke müsste gewissermaßen als radikale Minderheit von außen im Sinne einer Propaganda der Tat die passive Mehrheit wachrütteln. Eine solche antagonistische Symbolpolitik läuft Gefahr, sich selbst eine politische Stärke vorzutäuschen, sich tatsächlich aber von den widerspruchsvollen Alltagskämpfen der Menschen zu distanzieren. Zum einen geht es also nicht darum Basisarbeit und Kristallisationspunkte gegeneinander auszuspielen, sondern in ein sinnvolles Verhältnis zueinander zu setzen. Zum anderen erschöpft sich die hier vorgeschlagene populare Politik der Linken nicht in dieser Frage, sondern beinhaltet eine umfassende strategische Perspektive.
Reform, Revolution oder Transformation
Insbesondere impliziert sie ein bestimmtes Verständnis, wie ein gesellschaftlicher Prozess zur Überwindung des Kapitalismus und zur Durchsetzung des Sozialismus aussehen könnte. Dabei ist es zweitrangig, ob wir von Revolution oder Transformation sprechen. Beide Begriffe beschreiben vielmehr den notwendigen gesellschaftlichen Umwälzungsprozess aus zwei verschiedenen Perspektiven. Allerdings muss eine antikapitalistische Linke zwei Irrwege vermeiden: Erstens basieren Ideologie und historische Praxis des klassischen Reformismus auf der problematischen Vorstellung, eine aufgeklärte linke Regierung könnte im Rahmen demokratisch-parlamentarischer Verfahren, mithilfe eines gesteuerten Prozesses unzähliger gradueller Verbesserungen und ohne Gegenwehr des herrschenden Machtblocks eine sozialistische Gesellschaft einführen. Zweitens ist die Orientierung auf eine putschartige Revolution im Sinne des großen Bruchs, der entscheidenden Tage auf den Barrikaden oder der kathartischen Endschlacht ebenfalls irreführend. Demgegenüber müssen wir davon ausgehen, dass ein gesellschaftlicher Veränderungsprozess durch viele Experimente, Aufbrüche, Rückschläge, Niederlagen und Neuanfänge gekennzeichnet sein wird. Im Sinne einer revolutionären Realpolitik wird in einem solchen Prozess der Kampf um tagespolitische Erfolge mit einer post-kapitalistischen Perspektive verbunden. Diese Strategie knüpft an die vorhandenen Widersprüche im Alltagsbewusstsein der Subalternen und an die oft noch begrenzten Kämpfe an. Sie setzt auf Etappensiege und entwickelt realisierbare Einstiegsprojekte, die unmittelbar die Lebensbedingungen und die Handlungsfähigkeit der Menschen verbessern. Um darin die Keime einer sozialistischen Gesellschaft zu entfalten, müssen die emanzipatorischen Kräfte die gegensätzlichen Bewegungen und Forderungen zum Beispiel mithilfe von Richtungsforderungen zu einer gemeinsamen Erzählung und einer umfassenden transformatorischen Strategie verbinden. Der Veränderungsprozess geht von den gegebenen Kräfteverhältnissen aus, zielt aber darauf, sie substanziell und nachhaltig zu verschieben. Die reformerischen Fortschritte müssen die Kampfbedingungen für weiterreichende Veränderungen verbessern. Die Aufgabe der Linken wäre es, das revolutionäre Potenzial in den zunächst systemimmanenten Reformen freizusetzen und auf dieser Grundlage die gesellschaftlicheEntwicklung vor sich herzutreiben. Dieser Prozess darf aber nicht als gleitender und reibungsloser Übergang missverstanden werden. Gerade weil mit entschlossener Gegenwehr der herrschenden Kräfte und ihrer Unterstützer*innen in der Bevölkerung gerechnet werden muss, schließt er notwendigerweise eine Reihe von irreversiblen Brüchen und Punkten der Unumkehrbarkeit mit ein. Dafür müssen sich die kleinteiligen Verschiebungen ab einer bestimmten Entwicklungsstufe in zugespitzten Konfrontationen kristallisieren. Darin kann es zu Schlüsselsituationen kommen, in denen enorm verdichtete Mobilisierungen der kämpfenden Kräfte vonnöten sein werden. Dieser Prozess kann auch als Revolution bezeichnet werden, aber weniger im Sinne eines gewaltsamen Umbruchs, in dem der politische Gegner frontal angegriffen und zerschlagen wird, sondern eher im Sinne einer Umwälzung aller gesellschaftlichen Verhältnisse, die an die Wurzel geht.
Neukonstituierung der Linken und gegenhegemonialer Block
Ein ähnlicher Irrweg besteht darin, die eigene Politik in erster Linie auf dier adikale Linke und deren Reproduktion auszurichten. Organisationen wie die Interventionistische Linke sollten es sich nicht zur vordringlichen Aufgabe machen, die linksradikale Bewegung zu vergrößern, zu modernisierenund zu vereinen. Es reicht nicht aus, den schwarzen Block ein bisschen bunter zu machen, sondern wir müssen angesichts ihrer fortbestehenden Marginalität zur Neukonstitution einer gesellschaftlichen Linken beitragen (vgl. Zettelknecht in arranca! #0). Damit wollen wir nicht die hinlänglich bekannte Kritik an den Autonomen erneut aufnehmen, sondern vielmehr in Erinnerung rufen, dass das zentrale Problem der radikalen Linken nach wie vor in ihrer vollkommen randständigen gesellschaftlichen Rolle besteht. Deshalb wäre es die Aufgabe der IL, über die radikale Linke hinauszugehen und ihre Bündnispartner ausgehend vom konkreten Thema und Anlass zuwählen. Das schließt selbstverständlich auch ein, mit allen (vernünftigen) Gruppen der radikalen Linken zusammenzuarbeiten. Dennoch müssen wir unseren Blick in erster Linie in die Breite der Gesellschaft richten, weil sich dort der Kampf um Hegemonie entscheiden wird. Alle unterschiedlichen progressiven Akteur*innen wie Bewegungsinitiativen und -organisationen, NGOs, Gewerkschaften, Parteien und ähnliches sollten sich in einem breiten gegenhegemonialen Block zusammenfinden, um eine gemeinsame Handlungsfähigkeit zu entwickeln, ohne dabei ihre Selbständigkeit aufzugeben. Die bestehenden Institutionen der Linken können allerdings nur zu einem Transformationsprozess beitragen, wenn sie aus ihren eigenen (parlamentarischen, gewerkschaftlichen etc.) Teilbereichslogiken und -zwängen ausbrechen und sich selbst grundlegend verändern. In der jüngeren Bewegungsgeschichte lassen sich einige ermutigende Beispiele finden: die heterogene Koalition, die den Protesten gegenden G8-Gipfel in Heiligendamm ihre Stärke verliehen hat, oder die Mobilisierunggegen den NPD-Aufmarsch 2011 in Bremen, die enorme Aktivitäten in weiten Teilen der städtischen Zivilgesellschaft ausgelöst hat. Das hier entwickelte Verständnis einer hegemonieorientierten Politik von links verweist damit auf eine bestimmte Perspektive, politische Radikalität zu denken: Radikale Politik bemisst sich demnach an unserer Verankerung in existierenden sozialen Kämpfen und in der Verbreiterung progressiver Positionen, also in unserer politischen Wirksamkeit. Es sollte hingegen nicht die strategische Leitlinie sein, in alle Bewegungen mit einer kompromisslosen antikapitalistischen Position einzusteigen und auf einer vermeintlich wahren Kritik zu bestehen. Denn die Gleichung, je radikaler unsere Forderungen und Aktionen seien, desto schneller könnten wir den Sozialismus verwirklichen, folgt einem problematischen Maximalismus.
Kämpfe im und gegen den Staat
Jede linke Bewegung, die um Veränderungen kämpft, muss sich gezwungenermaßen zum Staat in ein Verhältnis setzen. Eine gängige Vorstellung innerhalb der radikalen Linken versteht ihn entweder als Machtinstrument in den Händen der Herrschenden oder aber als unabhängiges Subjekt bzw. ideellen Gesamtkapitalisten. Der Staat ist aber weder eine Festung, die sich umzingeln, stürmen und schleifen ließe, noch ist er ein Tyrann, den wir einfach stürzen könnten. Vielmehr muss er als materielle Verdichtung von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und als asymmetrisches Terrain sozialer Kämpfe begriffen werden. Dieses Verständnis legt ein strategisches Verhältnis zum Staat nahe, das darauf zielt, die grundlegende Herrschaftsförmigkeit des Staates zu überwinden, sich aber zugleich auf die Konflikte innerhalb des Staates zu beziehen. Für eine solche Herangehensweise lässt sich an Nicos Poulantzas' Doppelstrategie anknüpfen, der vorschlägt, einerseits gesellschaftliche Veränderungsprozesse auf Basis relativ unabhängiger Strukturen der Selbstverwaltung voranzutreiben, aber andererseits diese Bemühungen mit Auseinandersetzungen auf dem Terrain des Staates zu verbinden. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass der bürgerliche Staat aufgrund seines grundlegenden Aufbaus und seiner Funktionslogiken immer das Verhältnis von Herrschaft und Subalternität reproduziert. Deswegen muss ein Kampf in and against the state geführt werden, der Widerstandszentren innerhalb der Apparate etabliert, die Konflikte in seinem Inneren eskaliert, mit seinen institutionell verankerten Herrschaftsmechanismen bricht und ihn von innen zersetzt. Darin müssen radikaldemokratische Verfahren erkämpft werden, die den subalternen Bewegungen eine Intervention in die Zentren des Staates ermöglichen, von denen sie bisher ausgeschlossen wurden (vgl. Gallas in arranca!#41). Das Volksbegehren des Berliner Energietischs zur Rekommunalisierung der Stromversorgung oder die neuen linksradikalen Stadtregierungen in Madrid und Barcelona lassen sich als Experimente in diese Richtung interpretieren. Ein strategisches Verhältnis zum Staat beinhaltet auch, als radikale Linke Kämpfe ganz bewusst so zu führen, dass sie auch gewonnen werden können, und darin für realpolitischeErfolge zu streiten: Sie können für Menschen, die nicht aus identitären Gründen oder politischer Überzeugung Aktivist*innen sind, reale Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen und eine Ausweitung ihrer Handlungsfähigkeit erreichen und sie auf diese Weise für linke Projekte begeistern. Sie sind dazu geeignet, die Ausgangsbedingungen für zukünftige Kämpfe zu verbessern und erste Schritte eines umfassenden Umwälzungsprozesses einzuleiten. Die Kreuzberger Mieter*inneninitiative Kotti & Co. organisiert beispielsweise die (migrantische) Nachbarschaft am Kottbusser Tor und kämpft gleichzeitig mithilfe des Berliner Mietenvolksentscheids für substanzielle Verbesserungen im sozialen Wohnungsbau. Das Netzwerk Afrique Europe Interact kämpft mit malischen Kleinbäuer*innen mithilfe direkter Aktionen vor Ort gegen Landraub und flankiert diese mit einem kritischen Lobbyismus bei deutschen Ministerien.
Experimentelle Praxis statt Revolutionsästhetik
Das hier vertretene Politikverständnis hat Konsequenzen für die politischen Aktions- und Ausdrucksformen einer bewegungsorientierten Linken. Ihre zentrale Herausforderung besteht darin, entsprechend der jeweiligen Bedingungen des Kampffeldes und ohne ideologische Vorbehalte immer wieder neue praktische Ansätze auszuprobieren. Diese experimentelle Praxis kann zum Beispiel die Involvierung in Arbeitskämpfe wie am Berliner Charité-Klinikum oder bei H&M, neue Formen der Alltagsorganisierung wie die Versuche der militanten Untersuchung am Jobcenter Berlin Neukölln oder Bürger- bzw. Volksbegehren einschließen. Eine klassische linksradikale Praxis und Ästhetik, die überkommene Formen reproduziert, ist dabeiwenig hilfreich. Linker Dresscode, Pyrotechnik und Black Block, Gewaltsymbolik und revolutionärer Verbalradikalismus werden nur von einer marginalen linken Subkultur verstanden. Vor diesem Hintergrund ist auch die Orientierung an Coolness und Anerkennung in der linksradikalen Szene ein falscher Maßstab gesellschaftsverändernder Politik. Von einer Autonomieder Kämpfen den und ihrer Aktionsformen auszugehen, verkennt, dass wir unsere Politik strategisch entsprechend der gesellschaftlichen Bedingungen und Erfolgsaussichten bestimmen müssen. Dementsprechend kann die Handlungsfähigkeit auf der Straße nie ein Selbstzweck, sondern immer nur taktisches Mittel beim Aufbau von gesellschaftlicher Gegenmacht und beim Ringen um die politische Hegemonie sein. Das führt uns schließlich zur Bedeutung von Militanz in unserer gegenwärtigen Politik: Gewalt ist weder per se gut noch links, wie es vielleicht noch manche Autonome des vergangenen Jahrhunderts annahmen. Eine offensive (Straßen-)Militanz kann unter ganz bestimmten Voraussetzungen einer breit getragenen sozialen Konfrontation sinnvoll sein, um Kämpfe zuzuspitzen und einer verbreiteten Wut einen politischen Ausdruck zu geben. In der aktuellen gesellschaftlichen Situation in Deutschland sind jedoch in der Regel vermittelbare Formen vorzuziehen, weil eine militante Praxis viele eigentlich mit unseren Zielen sympathisierende Leute und Bündnispartner*innen abschrecken kann, einer (patriarchalen) Kultur der Gewalt Vorschub leisten kann und nicht zuletzt zahlreiche Menschen ausschließt, die dazu aus körperlichen oder emotionalen Gründen nicht willens oder in der Lage sind.
Massenorganisationen neuen Typs statt Avantgarde
So wichtig es ist, gerade durch intensive Bewegungsereignisse die aktivistische Basis zu erweitern und eine neue Generation von Aktivist*innen zu gewinnen, stößt diese Herangehensweise notwendigerweise an Grenzen. Einer solchen Perspektive entspricht eine Organisationsform, die auf schlagkräftigen linksradikalenAktionsgruppen basiert, die – gewolltoder ungewollt – als Avantgarde von außen in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungenintervenieren und ohne, stellvertretend für oder sogar gegen die passive Mehrheit der Menschen agieren. Nicht alle Menschen, die sich an den alltäglichen Widersprüchen des Kapitalismus politisieren, wollen jedoch zu linksradikalen Aktivist*innen werden. Deswegen müssen Organisationsmodelle erprobt und geschaffen werden, die verschiedenen Lebensrealitäten und kulturellen Hintergründen gerecht werden, unterschiedliche Formen der Beteiligung anbieten und damit eine Organisierung der Vielen ermöglichen. Auch wenn die persönliche politische Überzeugung ein wichtiges Motiv bleibt, aktiv zu werden, müssen wir wieder mehr einePolitik der ersten Person stärken. Das heißt allerdings nicht, einem autonomen Bedürfnis nach einem rebellischen Wir-Gefühl zu folgen, sondern vielmehr sich als Student*innen, (prekär) Beschäftigte, Mieter*innen, FrauenLesben-TransInter*, Papierlose etc. zu organisieren und gemeinsam-solidarisch Kämpfe zu entwickeln.
Weder linksradikale Organisierungsansätze wie die Interventionistische Linke noch etablierte Großakteure wie die Linkspartei oder die Gewerkschaften können in ihrer bisherigen Form dieser Herausforderung gerecht werden. Es bedürfte eines neuen Typs bewegungsorientierter Massenorganisationen, die basisdemokratisch verfasst sind und einen Raum für vielfältige organische Kooperationsbeziehungen zwischen den Menschen schaffen, die in sich eine große Heterogenität von Subjektenund Ansätzen einschließen, aber zugleich klar auf das Ziel einer radikalengesellschaftlichen Transformation orientieren. Damit meinen wir keinesfalls Lenins autoritäre Kaderparteien, auch wenn sich durchaus Einiges aus den Erfahrungen der Massenorganisationen der Arbeiter*innenbewegung lernen lässt. Ein radikaldemokratischer Transformationsprozess kann jedoch nur mit einer Vielfalt von größeren Organisationen und kleinerenInitiativen gelingen, die selbst basisdemokratisch verfasst sein müssen. Ob dafür ganz neue Organisationen aufgebaut werden müssten oder ob sich beispielsweise die IL in diese Richtung weiterentwickeln könnte, kann nur die Zukunft zeigen.