arranca! #33 Andere Umstände Zwischen Rebellion und Rente Herbst 2005 Diese Ausgabe ist leider nur zum Teil digital verfügbar. Wir sehen heute ganz schön müde – man könnte fast sagen «alt» – aus, so mit Fleischbrillen um die Augen, während wir hier sitzen an einem sonnigen Sonntag Ende Oktober und statt einer Runde Nordic Walking, wie es uns unsere Krankenkassen empfehlen, die übrig gebliebenen Cocktaildekorationen aus Weingummi essen und diskutieren, ob «rotgrün» groß oder klein, mit oder ohne Bindestrich geschrieben wird. Wir befinden uns in der Schlussredaktion der 33. Ausgabe der arranca!, deren baldiges Erscheinen wir gestern mit einer rauschenden Pre-Release-Party gefeiert haben. Vereinzelt haben wir auch ordentlich lange durchgehalten. Apropos durchhalten: Einige von uns halten ja schon weit mehr als drei Jahrzehnte durch. Als gestern beispielsweise gegen drei Uhr AC/DC aufgespielt wurde, haben es die drei Frauen auf der Tanzfläche auf ein Gesamtalter von 111 Jahren gebracht. Ihr wisst nicht, ob ihr «Wow!» oder «wie peinlich!» denken sollt. Macht nichts: Ihr habt jetzt die Möglichkeit, das auf den folgenden 64 Seiten für euch zu klären. ...zum Editorial Thema Subject: Heterogene Lebenswelten Redaktion Links sein heißt jung sein – zumindest in der undogmatischen sozialen Linken in Deutschland. Politikformen und -routinen sind nicht mit Lebensverläufen kompatibel, die Berufstätigkeit und Kinder einschließen – um nur zwei Dinge zu nennen, die die Lebenszeiten und -inhalte vieler AktivistInnen der Generation 30+ prägen. FelS ist 1991 mit dem Anspruch angetreten, später nicht zur Jugendsünde zu werden. Man sollte in dieser Gruppe alt werden können. Das will etwas heißen. Rente bezieht zwar niemand, aber viele sind in und mit FelS immerhin erwachsen geworden. Einige haben nun Kinder, viele sind inzwischen berufstätig. Einige merken, dass sie jetzt doppelt so alt sind wie manche ihrer GenossInnen. Pränatale Diagnostik – Eugenik von unten? B.K. Nicht nur die 35-Jährigen trifft es. Inzwischen wird jede Schwangere mit einem breiten Angebot an pränataler Diagnostik konfrontiert. Viele Frauen entscheiden sich für solche Untersuchungen. Was bewegt sie dazu? Welche Konsequenzen haben diese für sie selbst und für die Schwangerschaft? Wie gerät die Einzelne in den Strudel der medizinischen Angebote? Die Schwangere als Opfer der MedizinerInnen? Oder doch eher bewusste Teilnehmerin an einer „Selektion“ zwischen „behinderten“ und „gesunden“ Menschen? Die radikale Linke in der Behindertenbewegung Michael Zander Obwohl die radikale Linke die westdeutsche Behindertenbewegung bis in die 1990er Jahre entscheidend geprägt hat, spielt sie in ihr derzeit keine bedeutende Rolle. Zugleich befindet sich die Behindertenbewegung in einer tiefen Krise, die Anlass geben könnte, das Verhältnis zur Linken neu zu bestimmen. Ein Symptom dieser Krise ist, dass die spektakulären Aktionen, mit denen die Bewegung eine breitere Öffentlichkeit erreichte, Jahre zurück liegen – so z.B. Blockaden von Buslinien, die nicht rollstuhlzugänglich sind, oder die Kampagne gegen öffentliche Auftritte des Euthanasie-Propagandisten Peter Singer. Im Gegensatz zum Internationalen Jahr der Behinderten 1981, das von massiven Protesten begleitet wurde, verging das entsprechende Europäische Jahr 2003 ziemlich sang- und klanglos. Artikel außerhalb des Schwerpunkts Befreiung der Körper Zu Antonio Negris Neubestimmung des Revolutionären Subjekts Max Henninger Der Begriff des Kommunismus verweist auf das Gemeinsame (das Kommune). Es ist von Marx auf zweierlei Weise reflektiert worden: als Grundlage der Ausbeutung ebenso wie des Befreiungsprozesses. Gemeinsam ist den Menschen zunächst die mit dem Kapitalismus entstandene und in ihm ausgebeutete abstrakte Arbeit. Im Klassenkampf wird die abstrakte Arbeit zum politischen Subjekt, zum revolutionären Proletariat.