Klappensex entwickelte sich in Zeiten der gesellschaftlichen Stigmatisierung, Illegalisierung und Repression homosexueller Sexualität, als Ort und Praxis anonymen Sexes. Es war eine der wenigen Möglichkeit, andere schwule Männer zu treffen und zugleich ein kostbarer Ort, die eigene stigmatisierte Sexualität zu entdecken. Das alles geschah anonym und der sozialen Kontrolle entzogen, aber immer in der Gefahr, entdeckt zu werden. Und es war immer besetzt mit eigener Scham und Schuldgefühlen, (unterdrückter) Begierde und Unsicherheit.
Die umfangreiche Würdigung vereint zahlreiche Bilder und Kunstwerke mit vielen unterschiedlichen Blickwinkeln und Betrachtungen. Als einem der eindruckvollsten Zeugnisse des Klappensexes gelingt es dem Band vor allem durch die Zeitzeugenbefragung, «gerade diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die an jenen Orten gewöhnlich auf Worte verzichten».
Schließlich ist diese Würdigung auch eine Retrospektive. So wie die Orte öffentlichen schwulen Sexes durch das Verschwinden öffentlicher Pissoirs im Verschwinden begriffen sind, hat sich auch die Cruisingkultur geändert. Was früher heimlich und illegalisiert auf öffentlichen Toiletten geschah, ist nun legal in schwule Sexclubs und Saunas gewandert.
Wir lernen sowohl die Orte, deren Anordnung, Aussehen und Eigenarten kennen als auch die Art, wie sich schwules Begehren diese Orte erschloss, in ihnen einprägte und zurechtfand. Neben der spürbaren Scham und Angst entfesselte sich an diesem Ort eben auch die Begierde. So entdecken wir mit «Fenster zum Klo» auch einen der ersten Räume der bürgerlichen Gesellschaft für gemeinsam erlebte kollektive Sexualität.