Wenn im Kapitalismus, wie Marx schreibt, „alles Stehende und Ständische verdampft“, so betrifft diese historisch einzigartige Auflösungsbewegung nicht nur die ökonomischen und politischen Institutionen. Aufgelöst, umgewälzt, neu zusammengesetzt werden auch alltägliche Lebensweisen und damit unsere Körper. Für die hochtechnologische Beschleunigung dieses Prozesses hat die amerikanische Feministin Donna Haraway den Begriff des „Cyber-Organism“ geschaffen, den Toni Negri und Michael Hardt zum Bezugspunkt ihres „Multituden“- und „Exodus“-Begriffs nehmen. Der „Cyborg“ ist zugleich Mensch und Maschine und damit sowohl produktives Funktionselement eines allumfassenden Bio-Kapitalismus wie kreatives Subjekt eines Techno-Klassenkampfs. Im folgenden Beitrag gehen Michael Jäger und Thomas Seibert dem Verdacht nach, dass Haraway wie Hardt & Negri einer trügerischen Hoffnung folgen. Sie wollen so eine Debatte vertiefen, die längst überfällig ist.

I. Michael Jäger

Es gibt eine Reihe linker Debatten über den Menschenkörper und seine Veränderung durch Technologie, die meines Erachtens beunruhigend sind. Ich will einige aufzählen und das handgreifliche Problem benennen.

Eröffnen will ich die Reihe mit einer Passage aus Empire. Die neue Weltordnung, in der sich Hardt & Negri auf „körperliche Mutationen“ im Kontext veränderter Arbeits- und Geschlechterverhältnisse, aber auch auf sie begleitende subkulturelle Ausdrucksformen wie etwa das Piercing beziehen. Hardt & Negri wollen in diesen Mutationen „einen anthropologischen Exodus“ erkennen, einen emanzipatorischen Auszug aus der bisherigen menschlichen Körperlichkeit. Dass dieser Exodus stattfindet, schreiben sie der Produktivität der „Multitude“, der Menge zu, räumen aber sogleich ein, dass er „auch“ vom Empire veranstaltet wird. Dies veranlasst sie, nach einem Kriterium zu suchen, das den Exodus der Menge von dem des Empire unterscheidet. Ihre Antwort: Es gehe um „die Schöpfung eines Körpers, der vollkommen unfähig ist, sich einer Befehlsgewalt zu unterwerfen“. Spätestens hier wird klar, dass sie mit dem Gedanken der Ersetzung des vorhandenen Menschenkörpers durch einen anderen spielen oder sich darauf ein-lassen, dass andere es tun.

Unklar ist ihr „auch“. Arbeitet die Menge mehr an der körperlichen Mutation als das Empire, so dass man sagen könnte, dieses arbeite „auch“ daran? Es ist doch wohl eher umgekehrt. Davon geht jedenfalls der Befreiungstheologe Leonardo Boff aus, dessen Diskurs noch beunruhigender ist, der die Dinge aber wenigstens nicht auf den Kopf stellt. Er spricht im Konjunktiv: „Wer weiß, vielleicht würde er“, der Mensch, „Rechner in seinen Körper mit hineinnehmen, Silikone oder andere Materien, die sich mit seinem vitalen und organischen System vereinbaren lassen. Mit einem mal hätte er die alte anthropozentrische und ethnozentrische Perspektive abgelegt.“ Wenn er sich nämlich einließe. Worauf? Auf das Verlassen der Erde. Boff weiß, dass man den Körper umbauen will, damit er weltraumtauglich wird. Es geht um den Exodus von der Erde und deshalb auch weg vom erdgebundenen Körper.

Ein wenig unheimlich ist ihm zwar zumute: „Aber bis wohin kommen wir denn? Bis an die Grenzenlosigkeit. Bis jenseits der Sonne, der Sterne, der Galaxien und des ganzen Alls.“ Er bildet sich jedenfalls nicht ein, er selbst und seinesgleichen seien auf diesen Gedanken verfallen. Aber er hat Verständnis: Es sei nun mal der „Wunsch des Menschen, sich immer weiter zu transzendieren, alle Barrieren zu übersteigen und sich erst mit dem Unendlichen zufriedenzugeben“. Lasst uns nur mitlaufen, rät er daher: „Das Huhn in uns werden sie schon mitnehmen.“ Doch dieses „Huhn“ ist gerade das Problem. Es kann nicht fliegen. Boff stellt deshalb auch die Frage richtig. Ob „sie“ es mitnehmen, unseren Körper nämlich, von dessen „vitale[m] und organische[m] System“ er anzunehmen beliebt, dass es bei allen Mutationen erhalten bleibe. Andere bereiten eine Reise vor, die diesen Körper in Mitleidenschaft zieht, und wir hoffen, dass „sie“ wenigstens seine Vernichtung nicht beabsichtigen oder zulassen.

Ein weiterer Diskurs dieser Art: Donna Haraway. „Die Maschinen des späten 20. Jahrhunderts haben die Differenz von natürlich und künstlich, Körper und Geist, selbstgelenkter und außengesteuerter Entwicklung sowie viele andere Unterscheidungen, die Organismen und Maschinen zu trennen vermochten, höchst zweideutig werden lassen“, schreibt sie in ihrem Manifest für Cyborgs. Es folgt ein Satz, der das Huhn in uns ermahnt, kein Modernisierungsversager zu sein: „Unsere Maschinen erscheinen auf verwirrende Weise quicklebendig – wir selbst dagegen aber beängstigend träge.“ Immerhin weiß auch sie, dass Cyborgs „Abkömmlinge des Militarismus und patriarchalen Kapitalismus sind“, doch scheint ihr, dass mit ihrem Aufkommen etwas Richtiges geschieht. Denn endlich verschwinden die künstlichen Grenzen, die der „westliche Logos“ zwischen den „Tieren und Maschinen“ und uns, den Menschen, errichtet hat. Wir haben alle etwas davon, werden klüger: Die Cyborgs „unterhöhlen die Gewißheit der Bestimmung dessen, was als Natur – als Quelle von Erkenntnis, als Verheißung von Unschuld – betrachtet werden kann, und dies wahrscheinlich auf endgültige Weise.“

Silikon und Religion

Diese Beispiele mögen genügen. Haben sie über die Bereitschaft hinaus, sich auf ein Projekt des Gegners einzulassen, etwas gemeinsam? Ja: das Motiv. Es besteht darin, dass man glaubt, man könne die eigenen Wünsche damit verbinden. Haraway wird durch ihr Frausein motiviert: „Wir sind uns auf qualvolle Weise bewußt, was es heißt, einen historisch konstituierten Körper zu haben“ – einen Körper also, der in Jahrhunderten patriarchaler Herrschaft geprägt wurde. Hardt & Negri wollen die „Befehlsgewalt“ abwerfen, die Herrschaft und Aus-beutung in unsere Körperlichkeit eingesenkt haben.

Boff aber hat als Theologe Augen dafür, worum es dem Gegner geht: darum, dass der Körper stirbt. Erst mit dem Unendlichen sind wir zufrieden? Welche Phrase. Hinter ihr steckt, dass „die Menschen das eventuelle Todesurteil nicht hinnehmen“. „Wer kann, will nichts als fliehen in den Weltraum, möglichst weit von seinem in Flammen stehenden Haus weg.“ Kein Problem für den Kleriker Boff, er kann es als „Sinnbild“ für „unsere wahre Ruhe“ akzeptieren – die jenseitige Ruhe in Gott.

Wir haben es mit einer typisch sozialdemokratischen Reaktion zu tun. Sie besteht nicht darin, gegnerische Vorstöße zu verneinen oder aufzulösen, sondern fängt damit an, sich ihnen zu unterwerfen; dann erst fordert sie den Tausch, die gesichtswahrende Gegenleistung. „Ja, aber auch das!“ ist ihre ständige Formel. Silikon im Körper ja, aber auch den Priestersermon am Totenbett anhören!

Doch sie machen sich Illusionen. Wer nur das letzte Buch von André Gorz gelesen hat weiß, wie wenig daran fehlt, dass das „Huhn“ geschlachtet wird. Pioniere der Künstlichen Intelligenz wie beispielsweise Raymond Kurzweil, so berichtet er, „halten die biologische Evolution des Menschen für eine Sackgasse […] und die Entwicklung der Intelligenz auf technologischer Basis für die Durchsetzung der Gesetze der Evolution. Diese bediene sich in gewisser Weise des Menschen, um die menschliche Intelligenz zu überschreiten.“ Der Weg sei gebahnt, man habe keine Wahl. Gorz zitiert Hans Moravec und Hugo de Garis: ersterer fasse die kommenden Roboter ausdrücklich „als Träger eines Geistes“ auf, „der den des Menschen übersteigt“, letzterer sehe sich selbst als den „vierten Reiter der Apokalypse, den finsteren, den jenes Krieges, den die Roboter, die sich von den Menschen befreien, gegen die Menschengattung führen.“

Das sind Phantasien, die den Kapitalfetisch noch zum Maschinenfetisch machen: Es reicht nicht, dass die tote Arbeit die lebendige ausbeutet, sondern auch diese soll tot sein. Wenn jemand wie Gorz menschliche Sinnlichkeit dagegen auszuspielen versucht – „Die körperlich-sinnlichen Wahrnehmungen, die körperlich bedingten Gefühle, Affekte, Bedürfnisse, Erwartungen, Ängste usw. schwingen in den intellektuellen Tätigkeiten immer mit“ – so mag das naiv und altmodisch klingen. Der Apokalyptische Reiter wird erwidern, dass doch auch Roboter wahrnehmen, sprich Daten auswerten, und man sogar schon begonnen hat, sie mit Emotionen auszustatten. Gorz hat aber recht. Die Protokollsätze einer maschinellen Datenauswertung haben mit Sinnlichkeit nichts zu tun. Sie können nur festhalten, welche von den Möglichkeiten eingetreten ist, die in der rationalen Axiomatik einer Maschinenkonstruktion immer schon vorgesehen war.

Menschliche Sinnlichkeit dagegen, versteht man sie als rationales Erkenntnisprinzip, ist das Prinzip der voraussetzungslosen Konfusion.

Menschliches Erkennen ist nicht auf letzten Gründen aufgebaut, wie die Hermeneutiker behaupten, die den Maschinenfetischisten in die Hände spielen, sondern auf einem unverwüstlichen Gespür für Vermengungen. Dem gelingt es immer wieder, fundierteste Systeme des Herrschaftsdenkens zu entzaubern. Deshalb braucht man den Körper, der „vollkommen unfähig ist, sich einer Befehlsgewalt zu unterwerfen“, nicht erst zu „schöpfen“. Es hat ihn immer gegeben und gibt ihn bis heute. Man muss vielmehr verhindern, dass er geopfert wird.

II. Thomas Seibert

Da ich Michael Jäger nur in einem Punkt widersprechen möchte, füge ich mich in den Fluss seiner Argumentation ein, um sie von innen zu befragen. Sein Ausgangspunkt ist die Zweideutigkeit des „anthropologischen Exodus“, der zugleich als ein Herrschafts- und als ein Befreiungsprojekt und darin als eine Sache auf Leben und Tod zu denken ist, weil er unsere Körperlichkeit, damit aber unsere Existenz aufs Spiel setzt. Jäger erkennt ausdrücklich an, dass die Lebensgefährlichkeit dieses Spiels von Hardt & Negri ebenso gesehen wird wie von Haraway oder Boff. Doch reicht seine Skepsis tiefer, sofern er ihrer Zustimmung zu unserem „Cyborg“-Werden vorwirft, dem Blendwerk eines zum „Maschinenfetisch“ mutierten „Kapitalfetischs“ zu erliegen.

Klären wir das Terrain. Der marxistische Begriff des Kapitalfetischs behauptet, dass der moderne „Säkularisierungsprozess“, das heißt die Ersetzung einer religiös gebundenen durch eine „aufgeklärte“ Gesellschaft, die Religion bis jetzt nicht sprengen konnte. Zwar haben der „Tod Gottes“ und die „Entzauberung der Welt“ die Macht des Gottesfetischs untergraben, doch hat uns der Kapital- und Maschinenfetisch neuerlich verzaubert. Ein Fetisch ist ein Gegenstand, dem übernatürliche, magische Kräfte zukommen. Gottes-, Kapital- und Maschinenfetisch gleichen sich insoweit, als ihre Macht in einer magischen Vertauschung von Subjekt und Objekt gründet. Fetischismus betreibt, wer am magischen Blendwerk aktiv mitwirkt – für Jäger tut solches der linke Diskurs zum „anthropologischen Exodus“, seine Kritik dieses Diskurses ist deshalb Fetischismuskritik.

Meine erste Frage gilt der Problemstellung selbst, dem Ansatz einer Fetischismus-, das heißt Religions-, Metaphysik- und Ideologiekritik. Ist deren zentrale Operation die Entzauberung des Fetischs, dann ist sie in Marx’ Sinn die „Voraussetzung aller Kritik“. Damit geht einher, dass wir es nicht nur mit einer Kritik bürgerlicher Gesellschaft und ihrer aktuellen biokapitalistischen Formation zu tun haben, sondern mit der Kritik religiös artikulierter, also der ganzen uns bekannten Geschichte. Die aber war von Anfang an Geschichte eines Exodus aus der Bindung an Boden und Blut, der – sehr verkürzt gesprochen – vom Dorf in die Stadt und von dort ins Imperium führte, das heute biokapitalistisches Empire wird. Diese Geschichte ist zugleich die Geschichte des Patriarchats und der Einschreibung des „westlichen Logos“ in die Körper. Diesen wurden die Grenzziehungen zwischen Natur und Kultur, Natur und Kunst, Natur und Technik eingeschrieben, zu denen auch die Grenzziehungen zwischen Mensch und Maschine bzw. Mensch und Tier und die Grenzziehungen im Menschenkörper selbst gehören, deren erste die Vergeschlechtlichung ist. Das zu kritisieren heißt – so (nicht nur) Haraway –, sich „auf qualvolle Weise bewusst“ werden, „einen historisch konstituierten Körper zu haben.“

Kritik ist deshalb immer auch Kritik dieses Körpers und der ihm verliehenen Menschen-Form. Zu fragen ist, ob eine Kritik der möglicherweise fetischistischen Zustimmung Hardt & Negris, Haraways und Boffs zum Auszug aus der Menschen-Form nicht trotzdem auch im Namen ihres Anliegens erfolgen muss? Anders gefragt: Muss Kritik nicht den besseren Auszug aus der historischen Konstitution unserer körperlichen Existenz entwerfen?

Meine zweite Frage ist mit der ersten eng verbunden. Marx’ Kritik des religiösen Fetischismus folgt einer Doppelstrategie: sie übt rückhaltlose Kritik an der religiösen Magie und greift zugleich auf, was „von unten“ in sie investiert wurde. Deshalb war Religion für Marx – obwohl oft so zitiert – eben nicht „Opium fürs Volk“, sondern – ein Unterschied ums Ganze! – das „Opium des Volkes“. Deshalb zielt meine Frage besonders auf die Kritik, die Jäger an Boff übt. Letzterem geht es im Exodus um das „Ablegen“ der „alten anthropo- und ethnozentrischen Perspektive“, weil diese Perspektive den „Wunsch des Menschen“ hemmt, sich immer weiter zu transzendieren und sich erst mit dem Unendlichen zufriedenzugeben. – „Welche Phrase!“, antwortet Jäger und zielt damit zu Recht auf den Kern allen Fetischismus, die Flucht aus Endlichkeit und Todesangst. Der Diskurs des Exodus ist ihm nur die aktuelle Version dieser Flucht, und in der macht dessen linke Variante keinen Unterschied. Aber reicht das? Wäre nicht auch hier eine Doppelstrategie am Platz? Gilt es nicht, auch beim (immerhin!) Befreiungstheologen Boff das Moment der „Protestation gegen das wirkliche Elend“ (Marx) auszumachen?

Gerät man dann aber nicht in eine Position, die quer zu den üblichen Fronten steht? In eine Position, die religiöse Endlichkeitsflucht ebenso ablehnt wie „säkulare“ Unendlichkeitsverachtung: das Sicheinhausen in die Erde und in unseren erdschweren Körper?

Zwischen Endlichkeitsflucht und Unendlichkeitsverachtung

An dieser Stelle muss ich meinen Widerspruch zu Jäger benennen. Im Verweis auf die Zweideutigkeit des Exodus – zugleich Herrschafts- und Befreiungsprojekt zu sein – schreibt er, dass der linke Beitritt zum Exodus letztlich „sozialdemokratisch“ sei: Man nehme im ersten Zug eine Zumutung hin, um im zweiten Zug dafür belohnt zu werden. Dass Jäger hier irrt, lässt sich wieder mit Marx ausführen. Wer das Manifest der Kommunistischen Partei liest, kann die Begeisterung gar nicht überlesen, mit der Marx das Voranschreiten des Kapitalismus begrüßt: eine Begeisterung gerade für den – sicher auch erzwungenen – Auszug der Proletarier_innen aus den ihnen einverleibten Bindungen. Es ist diese kern-kommunistische Komplizenschaft mit der Ent-Bindung aus allem Herkommen, die vor allem Hardt & Negri motiviert. Sofern sie noch bei Boff zu finden ist, führt sie auf die Frage zurück, inwiefern selbst eine vom Fetisch befreite „Protestation“ ihre theologische Herkunft und damit ein Moment an himmelfliegender Endlichkeitsflucht mit sich führt: weil sich davon nicht frei machen kann, wer nicht ihrem Zwilling, der erdschweren Unendlichkeitsverachtung, verfallen will.

Von hier aus zielt meine dritte Frage auf das, was Jäger gegen den Kapital- und Maschinenfetisch im Exodus-Projekt ausspielen will: „menschliche Sinnlichkeit.“ Gegen Haraway und Hardt & Negri sagt Jäger, dass es den Körper, der stets auch intellektuelle Sinnlichkeit ist, „immer gegeben“ hat und heute noch gibt, weshalb er nicht erst „geschaffen“ werden muss. Dass es vielmehr darum geht, ihn nicht dem Biokapital zu „opfern“. Doch belegt gerade seine Addition „Sinnlichkeit + Erkenntnis“ die Macht der dem „westlichen Logos“ entnommenen Begrifflichkeiten und der sie leitenden Geist-Körper-Trennung. Sie nötigt Jäger wie Gorz, Sinnlichkeit und Erkenntnis nachträglich wieder zusammenzubringen.

Sich-zu-Sich-Verhalten als Protest

Um mich nicht hinter meinen Fragen zu verstecken: Ich denke, dass wir uns im Widerstand gegen die biokapitalistisch fetischisierte Tendenz des Exodus weder auf einen (immer schon gegebenen) „sinnlich-intellektuellen“ Körper, noch auf einen (erst zu schaffenden) Körper verlassen können, der unfähig sein soll, „sich einer Befehlsgewalt zu unterwerfen.“ Mein nur scheinbar „abstrakter“ Vorschlag ist, sich stattdessen auf ein „Sich-Verhalten zu …“ zu beziehen, für das Körper-lichkeit zugleich Bedingung wie Problem des Verhaltens ist. Dabei geht es darum, weder mit (m)einem Körper noch mit (m)einem Geist identifiziert zu werden, was heißt: nicht mit meiner Eingelassenheit in Natur, Technik, Religion oder Geschlecht. Dieses Sich-zu-sich-Verhalten ist weder gegeben, noch muss es erst geschaffen werden, sondern findet sich immer schon und allererst im widerständigen Sich-Verhalten zum Schon-Eingelassensein-in …

Um mit meiner vierten Frage zu schließen: Ist es nicht so, dass wir längst in den Exodus eingelassen sind und die Frage nach unserem Verhalten nur dort beantworten können? Geht es deshalb nicht letztlich darum, was im Exodus aus unserem Körper, unserer Sinnlichkeit, unserer Intelligenz werden soll? Und schließt diese Frage nicht die zuvor gestellten ein: Wie sich verhalten zu dem, was jetzt aus den Grenzziehungen zwischen Natur und Kultur, Kunst und Technik und innerhalb ihrer aus den Grenzziehungen zwischen Mensch und Maschine wird? Und wie weiter mit den Grenzziehungen im Menschen? Wie sich verhalten zu dem Umstand, dass diese Grenzziehungen uns immer auch verendlichen und begrenzen und dass daraus eine gefährliche, weil zweideutige „Protestation“ erwächst, die im Exodus auf ein UnEndliches hinaus will?

Mit diesen Fragen ernst zu machen heißt, den Exodus viel genauer zu erkunden, als wir das bisher getan haben. Es heißt, zunächst weniger seine – sicher ernst zu nehmende – Science Fiction als vielmehr seine unscheinbaren alltäglichen Bewegungen in den Blick zu nehmen: in den Veränderungen der Arbeits-, Kommunikations- und Lebensweisen ebenso wie der Weisen, nicht-mehr-so-vergeschlechtlicht zu sein. Nur dort kann entschieden werden, wer unser Cyborg-Werden bestimmt: das Biokapital oder das, was wir die Multituden werden lassen, deren Singulär-Werden wir sind und zu sein haben.