Hier findet ihr unseren Call for Participation #57 zum Download (PDF)

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Während es im ersten Teil unserer Doppelausgabe zum Thema Ökonomie um Degrowth und Klasse ging, widmen wir uns im zweiten Teil dem Thema demokratische Planung. Wir wollen dazu Utopievorstellungen, live und in Farbe. Wir wollen uns konkret ausmalen, wie demokratisch geplante Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren können, ohne dabei in puren Eskapismus abzudriften.

In der Finanzkrise fehlten radikale ökonomische Alternativen gegen Bankenrettung und die Erpressungspolitik der Troika, in der Corona-Krise gegen den Lockdown-Light für die Wirtschaft und gegen den Pharma-Kapitalismus. Heute mangelt es an Konzepten gegen die kapitalistisch verengte Industrie- und allgemein imperialistische Wirtschaftspolitik. Um die neoliberale Hegemonie zu durchbrechen, aufgrund derer die radikale Linke in all diesen Konflikten in der Defensive war und ist, müssen wir plausibel machen, dass die Welt anders funktionieren kann. Wie können wir Wirtschaft demokratisch planen?

Voraussetzung für demokratische Planung ist die Vergesellschaftung der Produktionsmittel, eine angemessene Aufteilung von produktiver und reproduktiver Arbeit, sowie damit einhergehend eine grundlegende Neudefinition von privater und öffentlicher Sphäre. Es wird schnell klar: Das ist kein leichtes Unterfangen und erfordert ausgiebiges Abwägen verschiedener Sichtpunkte und breite Partizipation.

Deshalb wollen wir demokratische Planung aus allen Blickwinkeln betrachten: ob aus feministischer, anarchistischer, syndikalistischer, internationalistischer oder historischer Perspektive. Was sagt eigentlich Öcalan dazu und wie machen die Zapatistas das so im Alltag? Woher bekomme ich dann meine Furry-Kostüme und wie mache ich das mit meiner Ketaminsucht? Welche Konzepte des guten Zusammenlebens brodeln schon seit Langem hinter den Kulissen in freien Theater- und Kunstkollektiven, in Ateliers und Co-Working-Spaces? Welche Erfahrungen haben wir mit der Formulierung von Vergesellschaftungsforderungen unter anderem in den Bereichen Wohnen, Energie, Verkehr und Carearbeit gemacht? Welche strategischen Projekte leiten sich daraus ab? Und nicht zuletzt: Wie ist denn die real existierende Erfahrung undemokratischer DDR-Wirtschaftsplanung? Ist die Bereitschaft, sich auf Vergesellschaftung und demokratische Planung einzulassen, im Osten und im Westen unterschiedlich?

Das primäre Problem real existierender sozialistischer Planwirtschaften war nicht ihr Mangel an Computern oder Rechenleistung. Dennoch stellen sich viele technische Probleme heute nicht mehr in gleichem Maße. Eine sinnvolle Abschätzung aller Bedürfnisse sowie die Aushandlung und Organisation ihrer Bereitstellung sind mit moderner digitaler Datenverarbeitung und Kommunikation viel eher umsetzbar als mit Lochkarten und Faxgeräten. Wäre also heute eine effiziente, flexibel anpassbare und prognostizierbar geplante Warenproduktion möglich? Welche Tools und Modelle gibt es bereits dafür, und was müsste noch entwickelt werden?

Wir wollen uns außerdem mit den Real-Life-Erfahrungen von gemeinschaftlicher Planung, etwa bei der Verwaltung von gemeinsamen Ressourcen oder Räumen, befassen. Wo funktioniert dies nicht, z.B. bei gemeinschaftlich genutzten Gärten, Hausfluren, und Hinterhöfen, die dann doch wahlweise verwahrlosen oder zugemüllt werden, statt dass eine gemeinschaftliche Verantwortung entstehen kann? Und wo gibt es ermutigende Planungserfahrungen (im kleinen, mittelgroßen oder auch großen Stil)? Gibt es auch Erfahrungen jenseits der linksalternativen, meist akademisierten Bubble? Wie funktioniert der Saunaverein, die Wohnungsgenossenschaft oder das selbstverwaltete queere Communityzentrum und was könnte das hochskaliert für demokratische Planung der Wirtschaft bedeuten?

Wir freuen uns über konkrete, strategische, experimentelle oder utopische Antworten auf diese Fragen. Neben Essays sind insbesondere Bildbeiträge, fiktionale Texte, Briefwechsel, Interviews, Tagebucheinträge oder andere Formate willkommen. Wir wünschen uns besonders Beiträge von Personen, die sich nicht einem weißen cis-Mann-Spektrum zuordnen. Wir bitten euch, uns eure Vorschläge bis zum 15. Juni 2024 zu schicken – als kurze Beschreibung von ca. einer halben Seite. Der Redaktionsschluss für fertige Artikel ist dann am 15. Juli 2024.

Eure arranca!-Redaktion